Horst Herbert, Arbeits-, Umwelt- und Werkschutzbeauftragter bei Premium AEROTEC (Foto: privat)
Arbeits-, Umwelt- und Werkschutzbeauftragter Horst Herbert muss 1.000 verschiedene Gefahrstoffe im Blick behalten
Foto: privat

Entsorgung von Gefahrstoffen Horst Herbert gibt Einblicke in die Gefahrstoffentsorgung

Als Arbeits-, Umwelt- und Werkschutzbeauftragter beim Unternehmen Premium AEROTEC gewährt Horst Herbert im Interview mit Sonderabfallwissen einen Blick hinter die Kulissen der Gefahrstoffentsorgung eines Zulieferers für zivile und militärische Flugzeugstrukturen. Die Vielzahl der Gefahrstoffe stellt besonders dezidierte Anforderungen sowie ein hohes Maß an Verantwortung an die Entsorgung.

Premium AEROTEC ist Zulieferer für Flugzeugstrukturen und wichtiger Partner in großen
 europäischen und internationalen Luftfahrtprogrammen. Schildern Sie uns bitte kurz, welche
 Kernkompetenzen und Leistungen das Unternehmen bietet.

Premium AEROTEC ist Zulieferer für zivile und militärische Flugzeugstrukturen. Zu den Kernkompetenzen zählen die Entwicklung und die Fertigung von großen und komplex geformten Flugzeugbauteilen aus Aluminium, Titan und CFK (kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff). Mit rund 10.000 Beschäftigten in Deutschland und Rumänien sowie einem Umsatz von etwa 2 Milliarden Euro ist Premium AEROTEC Europas Nummer 1 in diesem Segment. Zum Kundenstamm zählen unter anderem Airbus und Airbus Defence & Space. Das Unternehmen hat als erster Luftfahrtzulieferer die Gesamtprozessqualifikation für additiv gefertigte Titanbauteile auf Multilaser-Anlagen zum Abschluss gebracht.

In welcher Funktion sind Sie für Premium AEROTEC tätig und was gehört damit verbunden 
zu Ihren (täglichen) Aufgaben?

Ich bin seit 2001 im Unternehmen tätig und leite die Abteilung „Arbeits-, Umwelt- und Werkschutz“ am Standort Varel und Bremen. In unserem Team befinden sich sämtliche Beauftragtenfunktionen der Themen Immissions-, Gewässer- und Brandschutz. Des Weiteren fallen Gefahrgut, Abfall und Managementsysteme in unseren Bereich. Sicherheits- und Werkschutzfachkräfte sind in unserer Abteilung unentbehrlich. Die Kombination hat sich bewährt, da es viele Überschneidungen in den Themen und der täglichen Arbeit gibt. Dies lässt sich sehr gut an den rund 1.000 verschiedenen eingesetzten Gefahrstoffen erkennen. Gefahrstoffe berühren neben dem Arbeitsschutz auch den Umwelt- und Brandschutz.

Die täglichen Aufgaben sind ebenso vielfältig wie die Sammlung der Themengebiete. In erster Linie sind wir Dienstleister und unterstützen die Produktion bei den täglichen Fragestellungen und (rechtlichen) Anforderungen. Die Unterstützung liefern wir z. B. durch Arbeitsstättenbegehungen, Beratung zur Einführung neuer Gefahrstoffe, Entsorgung der anfallenden Abfälle usw.

Welche Abfälle fallen an Ihrem Standort an und in welcher Größenordnung?

Am Standort Varel fallen im Durchschnitt ungefähr 1.000 t gefährliche und 400 t ungefährliche Abfälle pro Jahr an. Diese werden vollständig von unserem zuständigen Entsorgungsunternehmen abgeholt und verwertet. Dazu kommen noch ca. 7.000 t Schrott (z. B. Späne und Stücke aus Aluminium, Titan, Stahl etc.), die als Wertstoff dem Rohstoffmarkt wieder zugeführt werden.

Horst Herbert

  • seit 2007 Leiter Umwelt-, Arbeits- und Werksschutz bei der Premium AEROTEC GmbH (umfirmiert, ehem. Airbus Deutschland GmbH) in Varel
  • Umweltschutzbeauftragter sowie seit 2005 Umweltmanagementbeauftragter bei der Airbus Deutschland GmbH in Varel
  • seit 2018 Vorsitz des IHK Erfahrungsaustauschkreises Umweltschutz
  • 1991-95 Studium Allgemeiner Maschinenbau mit Vertiefung Verfahrenstechnik an der FH Wilhelmshaven
  • 1987 Abschluss der Maschinenbaulehre

Wie handhaben Sie die Sammlung, Sortierung bzw. Trennung der unterschiedlichen Abfälle?
 Wie gestalten Sie das Abfallmanagement?

Wir haben in Varel ein Entsorgungszentrum, bestehend aus einer Lagerhalle, teilweise überdachten Containerstellplätzen, einem Vakuumverdampfer nebst Tanks und einem Bürocontainer. Hier werden alle Abfälle am Standort gesammelt, in die unterschiedlichen Fraktionen getrennt und dem jeweiligen Entsorgungsweg zugeführt. Betrieben wird dieses Entsorgungszentrum von zwei Mitarbeitern unseres zuständigen Entsorgers, die ihre Tätigkeit hier am Standort seit über zehn Jahren ausüben.

Welche Gefahrstoffe fallen bei der täglichen Arbeit an und wie gehen Sie damit um?

Wir verwenden in großen Mengen wasserverdünnte Kühlschmierstoffe, Chemikalien für Galvanikbäder, Lacke und eine Vielzahl Dichtmittel und Kitte zum Konservieren von Flugzeugteilen. Bevor ein Gefahrstoff eingeführt wird, durchläuft er einen Genehmigungsprozess. Hierbei werden die Arbeitsschutzmaßnahmen, die bei der Verwendung zu beachten sind, aus unterschiedlichen Perspektiven einbezogen – aus Sicht des Betriebsarztes und aus Sicht der Sicherheitsfachkräfte. Begleitend dazu werden die Entsorgungswege aus Umweltsicht festgelegt.

Welche Rolle spielt das Recycling gefährlicher Abfälle im Unternehmen? Gibt es dafür
 speziell entwickelte Technologien oder technische Einrichtungen?

Mit unserem Vakuumverdampfer reduzieren wir unsere Kühlschmierstoff- und Rissprüföl-Entsorgungen, indem wir die wässrige Phase des Abfalls eindampfen. Der Verdampfer wird ebenfalls durch unsere beiden Entsorgungsfachkräfte betrieben. Alle Abfälle werden so sortenrein wie möglich erfasst, um eine umweltschonende Weiterverarbeitung zu ermöglichen. Bei den eingesetzten Materialien sind wir bestrebt möglichst solche zu wählen, die ein Weiterverwenden oder Recycling möglich machen.

Welche Herausforderungen ergeben sich bei der Entsorgung gefährlicher Abfälle im
 Unternehmen und warum?

Gefährliche Abfälle sind nicht nur häufig teuer in der Entsorgung, sondern auch vielfach umweltschädlich. Daher möchten wir die Abfallmenge natürlich möglichst gering halten. Das Handling und Zwischenlagern gefährlicher Abfälle stellt nicht nur an die Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hohe Anforderungen, sondern auch an die Ausstattung des Betriebes.

Inwieweit kommen Sie dem Kerngedanken der Kreislaufwirtschaft, d. h. der Schonung von
 Ressourcen und dem Wiederverwertungsprinzip nach?

Wir bemühen uns z. B. die Standzeit unserer Kühlschmiermittel in den Zentralanlagen möglichst hoch zu halten. Kühlschmierstoff ist anteilig unser größter gefährlicher Abfall, sowohl mengenmäßig als auch kostenmäßig. Bei Verpackungen z. B. haben wir viele Projekte, die sich mit der Vermeidung von Verpackungsmüll beschäftigen. Eines davon ist „Airbus plastic free“. Da, wo es uns möglich ist und auch der Kunde einverstanden ist, setzen wir auf Mehrfachverpackungen und –träger. Eine sorgfältige Trennung der Abfälle, bspw. nach Folienarten, ermöglicht eine noch bessere Verwertbarkeit.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

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