Thomas Kuwatsch, Mitgründer und CFO von ARI Motors (Foto: ARI Motors)
Thomas Kuwatsch, Mitgründer und CFO von ARI Motors
Foto: ARI Motors

E-Autos im Geschäftskundensegment "Wir sehen unsere Fahrzeuge nicht als klassisches Auto, sondern eher als Werkzeug"

"Ari" steht im Japanischen für Ameise und ist namensgebend für eine im sächsischen Borna entwickelte E-Flotte: Die ARI Motors GmbH fertigt unter der Maßgabe „klein, leistungsstark und günstig“ individuell konfigurierbare elektrische Nutzfahrzeuge – darunter den kleinsten Elektrotransporter in Deutschland. Handwerksbetriebe, Kliniken, Kommunen und Industrieunternehmen nutzen die aktuell 1.000 auf dem europäischen Markt befindlichen Elektrofahrzeuge. Mitgründer und CFO Thomas Kuwatsch erklärt im Interview, was Geschäftskunden an dem modularen Konzept schätzen, welche Verwertungswege es gibt und wohin die weitere Fahrzeugentwicklung in der Elektromobilität geht.

Ari Motors bringt seit 2017 kostengünstige, leistungsfähige und individuell konfigurierbare Elektrotransporter auf deutsche und europäische Straßen. Welche Kundengruppen nutzen die Fahrzeuge – und aus welchen Gründen?

Derzeit konzentrieren wir uns auf drei Zielgruppen im Geschäftskundensegment. Zum einen Selbstständige, Handwerker und Dienstleister, die als Hausmeisterdienst, Pizzalieferant oder Bäcker den Bedarf haben, kostengünstig ihre Produkte und Dienstleistungen auf kurzen Wegen zum Kunden zu bringen. Die zweite Zielgruppe sind Großbetriebe, die unsere kleinen Elektrotransporter für den internen und externen Verkehr nutzen um schnell und einfach Erledigungen ohne großen Aufwand umzusetzen. Die dritte Gruppe sind die Städte und Gemeinden, die kleine flexible Fahrzeuge benötigen, um Garten und Parkanlagen zu betreuen und die mit unseren Fahrzeugen auf Promenaden und in Innenstädten unterwegs sind, um Papierkörbe zu leeren und generell für Sauberkeit in der Umgebung zu sorgen. Alle drei Gruppen eint die Hauptmotivation, die anstehenden Aufgaben kostengünstig und nachhaltig zu erledigen.

Die Modelle lassen sich individuell bis hin zum Akku konfigurieren. Auch Add-ons wie Solarpanels sind möglich. Wie ist es möglich, derart individuelle Fahrzeuge zu im Marktvergleich günstigen Preisen zu produzieren?

Wir arbeiten aktuell mit vier Lohnherstellern aus China und einem aus Tschechien zusammen. Diese Hersteller sind bereits seit mehreren Jahren etabliert und produzieren große Stückzahlen und können somit attraktive Preise anbieten. Wichtig ist dabei zu beachten, dass wir unsere Fahrzeuge nicht als klassisches Auto sehen, sondern eher als Werkzeug. Der Unterschied macht sich im Komfort und der Ausstattung bemerkbar. Durch den bewussten Verzicht werden unsere Fahrzeuge günstiger und bieten dennoch ausreichend Funktionalität und Praktikabilität – zu einem attraktiven Preis für eine pragmatisch denkende Kundschaft.

Zur Person: Thomas Kuwatsch

  • Mitgründer von ARI Motors
  • verantwortet als CFO von ARI Motors die Bereiche Finanzen, Marketing, Vertrieb und sorgt für die strategische Weiterentwicklung
  • als studierter Betriebswirt arbeitete er überwiegend in Firmen mit digitalen Geschäftsmodellen
  • etwickelte die Internetplattform www.auto.de zu einem bundesweiten Portal mit online Fahrzeugmagazin
  • seinen weiteren beruflichen Weg prägten die Themen Automatisierung und Digitalisierung

Geringe Reichweite, schlechte Ladeinfrastruktur, Reparaturanfälligkeit: Die Vorurteile gegenüber E-Autos halten sich hartnäckig. Was hat Ari Motors diesen entgegenzusetzen? Und was sind die konkreten Vorteile gegenüber Verbrennern?

Ein ARI Elektrotransporter verbraucht im Durchschnitt nicht mehr als 10 Kilowatt Strom auf 100 Kilometer und somit entstehen lediglich 4 EUR Kosten im Vergleich von etwa 16 – 18 EUR beim Verbrenner. Zudem ist unsere Zielgruppe sehr häufig auf der Kurzstrecke aktiv, für die der Diesel per se nicht konzipiert ist. Es macht also deutlich mehr Sinn, diese Fahrten mit einem sparsamen und weniger anfälligeren Elektrofahrzeug zu absolvieren. Derzeit bieten wir Reichweiten von bis zu 500 Kilometern an, die bisher tatsächlich jeden Bedarf an Mobilität bei unseren Kunden gedeckt haben.

Ob Kliniken, Kommunen oder Industriebetriebe: Was schätzen Ihre Kunden an den Ari Motors-Lösungen?

Es ist ein Mix aus individuellen Fahrzeugaufbauen, die den Kunden befähigen, seine Vorstellungen oftmals direkt umzusetzen und attraktiven Preisen, die den Erwerb eines Elektrofahrzeuges erschwinglich machen. Hinzu kommt noch, dass jedes Fahrzeug direkt an der 230V Außensteckdose geladen werden kann, was den zusätzlichen Aufwand in Bezug auf Wallbox, Elektriker und Erdarbeiten minimiert.

Was passiert mit Fahrzeugen, die nicht mehr nutzbar sind, beispielsweise nach Unfällen? Gibt es Konzepte und Strukturen für die Entsorgung oder Wiederverwertung? Gerade auch im Hinblick auf die verbauten Akkus.

Derzeit werden unsere Fahrzeuge zu etwa 82 % dem Recycling zugeführt. Insbesondere die verwendeten Antriebs-Akkus sind bei Verwertern gern gesehen und werden uns direkt abgekauft um ebenfalls in den Recyclingprozess einzufließen. Wir verwenden aktuell Blei Gel, LiFePo4 und LiPo Akkus, die mitunter aber auch repariert werden können um nicht sofort in den Recyclingprozess gegeben zu werden.

Im internationalen Vergleich betrachtet: Wo steht Deutschland beim Thema elektromobile Nutzfahrzeuge? Was sind Entwicklungstreiber, was sind -störer?

China ist ganz klar der Vorreiter, gefolgt von den skandinavischen Ländern, was die Zulassungszahlen betrifft. Deutschland befindet sich im Mittelfeld und unsere Nachbarstaaten haben noch einiges an Nachholbedarf. Entwicklungstreiber sind politische Vorgaben in Bezug auf Elektroquoten für Kommunen, Entwicklungsstörer sind fehlende Förderungen für kleinere Elektrofahrzeuge, da diese unmittelbar dabei helfen, den benötigten Verkehrsraum zu verkleinern und auch deutlich weniger Ressourcen verbrauchen.

Welche Projekte oder Entwicklungen stehen bei Ari Motors in Zukunft an?

Wir haben zusammen mit dem Fraunhofer Institut, der Universität Chemnitz sowie der Universität Wuppertal verschiedene Forschungsprogramme auf den Weg gebracht, wo wir die Effizienz der Fahrzeuge verbessern und praktikable Lösungen für Elektrofahrzeuge entwickeln, die erst in der direkten Anwendung bei Kunden zum tragen kommen werden. Da sind wir sehr gespannt, zu welchen Ergebnissen die Forscher kommen werden. Kommerziell gesehen erwarten wir weiterhin steigendes Interesse an unseren Fahrzeugen, gepaart mit Neuvorstellungen für weitere Nischen im Geschäftskundenbereich.

Sie waren zuletzt bei der IAA in München. Welche Impulse konnten Sie mitnehmen?

Durch die Entscheidung der europäischen Hersteller, sich vom Kleinwagen und Kleinstwagen abzuwenden, entsteht ein Vakuum, welches durch die immer stärker werdenden Asiatischen Fahrzeughersteller besetzt wird. Dies ist für uns ein wirtschaftlich betrachtet positiver Effekt, jedoch gesamtwirtschaftlich für den Standort Deutschland und Europa eher bedenklich. Die Elektromobilität wird eine bedeutende Rolle bei der Mobilität der nächsten Jahre spielen und asiatische Fahrzeughersteller werden in diesen Markt weiterhin eintreten und in einigen Marktsegmenten sehr schnell und umfassend dominieren. Das gilt es, zu beobachten und mit entsprechenden attraktiven Konzepten Angebote zu kreieren, die auch für den kleinen Geldbeutel erschwinglich sind.

Vielen Dank für das Gespräch.

Quellen

Alle Angaben ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit