Sprudelndes Wasser in einer modernen Kläranlage (Foto: Ben (Adobe Stock, Bild generiert mit KI))
Modernes Abwassermanagement zielt nicht nur auf Schadstoffentfrachtung, sondern auch auf Nutzung von Abwasser als Energie- und Rohstoffquelle
Foto: Ben (Adobe Stock, Bild generiert mit KI)

Abwasser Nutzung von Abwasser als Energie- und Rohstoffquelle

Beim kreislaufwirtschaftlichen Abwassermanagement geht es um mehr als die Elimination von Schadstoffen

In jüngster Zeit machten immer wieder Meldungen über Abwasser-Havarien Schlagzeilen. Vor allem aus Großbritannien gab es Alarmierendes zu hören. Hier hat die britische Umweltbehörde Environment Agency im Jahr 2023 so oft wie noch nie zuvor eine Verschmutzung von Flüssen, Seen und Meeresflächen mit ungeklärtem Abwasser registriert: Von 464.000 Fällen spricht die Behörde, was gegenüber dem Vorjahr mehr als eine Verdoppelung darstellt. Als Ursachen werden verstärkte Regenfälle, aber auch ein in Teilen veraltetes Abwassersystem benannt. Ein weiterer Grund ist die hohe Privatisierung des Abwassernetzes an Privat Equity Fonds, welche nicht in die Erneuerung der Netze investieren. Zudem ist die Gesetzgebung und Umsetzung ungenügend. Behörden und Teile der Politik sprechen von einem „Umweltnotstand“.

Von einem solchen kann in Deutschland keine Rede sein, grundlegend aber ist das Thema  auch hier im Fokus. Vorfälle wie der in Dippoldiswalde bei Dresden mögen das illustrieren: Anfang 2023 liefen in der sächsischen Gemeinde große Mengen Abwasser aus einer havarierten Kläranlage.

In Deutschland erzeugen Haushalte, Industrie und Gewerbe jährlich über fünf Milliarden Kubikmeter Schmutzwasser. Hinzukommen rund drei Milliarden Kubikmeter Regen, die auf Straßen oder versiegelten Flächen nicht versickern können. Nimmt man noch die Mengen an sogenanntem Fremdwasser hinzu, das über undichte Stellen ins Kanalnetz eindringt und ebenfalls in die Klärwerke fließt, lässt sich ahnen, mit welchen Herausforderungen die Abwasserbehandlung verbunden ist.

Unbehandeltes Abwasser, das aus der Kanalisation austritt, gilt nach EU-Vorgaben als Abfallfraktion. In Folge heißt das, dass im Sinne der Kreislaufwirtschaft und mithin des Umweltschutzes, Abwasser in bestmöglichen Umfang wieder aufbereitet werden muss. Im europäischen Vergleich ist Deutschland hierbei Spitzenreiter: 96 Prozent der Abwässer werden hierzulande recycelt.

Die rechtlichen Vorgaben dafür fixieren das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und die Abwasserverordnung (AbwV), die grundlegend festlegen, dass Abwasser nicht ungeklärt in Flüsse und Seen eingeleitet werden darf. Was nicht zuletzt mit Blick auf gefährliche Inhaltsstoffe, die sich im Abwasser befinden können, von höchster Wichtigkeit ist. Schwermetalle, Stickstoffverbindungen oder Biozide müssen eliminiert werden. Das heißt: Das Abwasser muss z. B. auf einen pH-Wert zwischen pH 6,5 und 9 hin behandelt werden, bevor eine Einleitung in Gewässer oder die Kanalisation erfolgen kann.

Technologisch wird die Aufbereitung biologisch und mit Filteranlagen bewerkstelligt. Der bei der Reinigung entstehende Klärschlamm wird entwässert bzw. ausgefault und dann in Wirbelschichtöfen zur Energieerzeugung verbrannt bzw. der Kompostierung oder der Düngung zugeführt. Die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm ist im Übrigen ein Thema, das alle kommunalen Klärschlammerzeuger betrifft und beschäftigt, da ab 2029 für sie alle die Verpflichtung zur Phosphorrückgewinnung gilt. Durch innovative Verfahren wie die in Hamburg entwickelte TetraPhos®-Technologie können Kläranlagen zur urbanen Rohstoffquelle werden.

Für Unternehmen, in deren Arbeitsprozessen Abwässer anfallen (Industriebetriebe, Flughäfen, Waschstraßen, Werkstätten), bieten spezialisierte Entsorgungsunternehmen zudem eine breit gefächerte Angebotspalette, die die Leerung und Reinigung von Leichtflüssigkeitsabscheidern (und natürlich deren Entsorgung) mit einbezieht. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass auch Speicherbecken in Kläranlagen oder Regenrückhaltebecken mit Schlammfängen und Abscheidevorrichtungen ausgestattet sind, in denen sich Reststoffe ansammeln, die sachgerecht entsorgt werden müssen.

Dabei geht es in einem modernen kreislaufwirtschaftlichen Abwassermanagement aber schon längst nicht mehr nur um die bloße Schadstoffelimination, sondern auch um die effiziente, also maximale Nutzung von Abwasser als Energie- und Rohstoffquelle. Auch hier bieten spezialisiert Unternehmen gerade für die industrielle Abwasserbehandlung innovative Konzepte an. So kann etwa Prozesswasser in vollem Umfang – also ohne etwas ableiten zu müssen – in eine Kreislaufführung gebracht werden. Nur ein Beispiel für die Möglichkeiten innovativer Technologien. Deren Entwicklung mehr und mehr in den Fokus rückt. Verdampfung, Membranfiltration sowie Ozonierung/AOP-Verfahren und die Einbeziehung von KI bergen Möglichkeiten, die anfallenden Abwassermengen zukünftig mit geringerem Energiebedarf bei gleichzeitig höherer Reinigungsleistung aufzubereiten.

Das ist umso wichtiger, als dass eine weitere große Herausforderung der kommenden Jahre sein wird, im Abwasser, bis dato wenig beachtete Schadstoffe (Arzneimittelrückstände, Antibiotika, sog. Ewigkeitschemikalien) zu eliminieren. Schadstoffe, die schon in Kleinmengen, also als Spurenstoffe, z. B. hormonähnliche Wirkungen aufweisen und bisher nicht entfernt werden können. Erste Technologien sind zwar in der Entwicklung – allein: Es fehlt an gesetzlich fixierten Grenzwerten für diese Spurenstoffe im Abwasser, an denen Kläranlagenbetreiber sich orientieren können.

Das alles zeigt: Abwassermanagement muss man ganzheitlich denken und realisieren. Das gilt für Unternehmen, Kläranlagenbetreiber, Entsorger, für die Gesellschaft insgesamt. Wasser ist eine lebenswichtige Ressource. Hier den „Umweltnotstand“ zu verhindern, ist möglich. Und liegt in der Verantwortung aller.

Quellen

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