Schiffswracks auf dem Meeresgrund: Gefährliche Fracht bedroht Umwelt und Mensch (Foto: Ade Neda, AdobeStock)
Schiffswracks auf dem Meeresgrund: Gefährliche Fracht bedroht Umwelt und Mensch
Foto: Ade Neda, AdobeStock

Umweltschutz Versenkter Flugzeugträger: Asbest im Ozean

Tonnen von Sonderabfall in 5.000 Metern Tiefe

18 Jahre lang war die São Paulo – ehemals Foch – das größte Schiff der brasilianischen Marineflotte. Zuletzt galt der Flugzeugträger jedoch nur noch als „30.000 Tonnen schweres Giftpaket“. Mit dieser Bezeichnung versah die Umweltorganisation Robin Wood das Kriegsschiff, um auf die Gefahr der darin befindlichen toxischen Stoffe wie Asbest aufmerksam zu machen. Der Grund: Der Koloss sollte zwecks Entsorgung „kontrolliert“ versenkt werden. Bis zum Schluss hatten NGOs wie das Basel Action Network, die brasilianische Bundesstaatsanwaltschaft sowie die brasilianische Umweltministerin und die Umweltbehörde Ibama auf verschiedenen Wegen versucht, dieses Vorhaben zu stoppen. Ohne Erfolg.

Am Ende hatte ein Richter noch unter Bedauern einen letzten Eilantrag auf die Unterbrechung der Versenkung abgelehnt. Das absehbare ungeplante Sinken des schwer beschädigten Schiffes hätte nach Ansicht des Staatsbeamten womöglich schwerwiegendere Folgen gehabt, als das kontrollierte Versenken im Ozean außerhalb von Schutzgebieten. Die brasilianischen Behörden hatten das Schiff aufgrund dieser Gefahr nicht mehr in heimische Häfen einfahren lassen – und damit gleichsam die Möglichkeit einer umweltschonenden Lösung unterbunden. Ursprünglich hätte die von der türkischen Werft Sök Denizcilik erworbene São Paulo eigentlich in der Türkei abgewrackt werden sollen, doch war auch hier das Einlaufen von den lokalen Behörden untersagt worden. Letzten Endes wollte niemand das Risiko eines unkontrollierten Sinkens in eigenen Gewässern eingehen.

Asbest ist ein schleichendes „Gift“, das seine gesundheitsschädigende Wirkung erst nach Jahrzehnten entfaltet. In Deutschland sterben trotz eines mittlerweile fast 30-jährigen allgemeinen Asbestverbots jedes Jahr immer noch weit über 1.000 Menschen an den Folgen einer bereits weit zurückliegenden inhalativen Exposition durch Asbeststaub. Doch auch eine orale Exposition, z. B. über asbesthaltiges Wasser kann zu Krebserkrankungen führen. Von schädlichen Auswirkungen auf pelagische (im Freiwasserbereich oberhalb der Bodenzone) und benthische (in der Bodenzone eines Gewässers lebende) Organismen durch die Mineralien ist demnach auszugehen. Greenpeace, das Basel Action Network und Sea Shepherd werfen daher Brasilien in einer gemeinsamen Erklärung neben der Verletzung dreier internationaler Verträge einen „unermesslichen Schaden“ für Meeresumwelt und Küstenbewohner vor.

In Schiffen wurde teilweise bis 2011 noch Asbest in Dichtungen, Isolierungen, Verkleidungen oder Kabeldurchführungen verwendet. Im Fall der 1963 erstmals ausgelaufenen São Paulo summierte sich das Material Presseberichten zufolge auf 9,6 Tonnen. Die befinden sich nun 350 Kilometer vom brasilianischen Festland in 5.000 Metern Tiefe auf dem Meeresgrund – zusammen mit Tonnen anderer umweltschädigender Stoffe wie giftigen Farben.

Quellen

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