Straßen sind technische Bauwerke im Sinne der ErsatzbaustoffV (Foto: OxAvdeenko (iStock))
Straßen sind technische Bauwerke im Sinne der ErsatzbaustoffV
Foto: OxAvdeenko (iStock)

Konferenz Vorbereitungen auf das Inkrafttreten der Mantelverordnung laufen

BDE-Veranstaltung zum Rechtsrahmen, zu Vollzugshilfen und Fragen aus der Praxis

Was ist bis zum Inkrafttreten der Mantelverordnung (MantelV) im August 2023 notwendig? Mit dieser weitreichenden Frage eröffnete BDE-Technik-Geschäftsführerin Sandra Giern am 28. November 2022 die zweite Konferenz zur MantelV für Ersatzbaustoffe und Bodenschutz. Ziel der Online-Veranstaltung vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e. V. (BDE), der Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe e. V. (BRB) und der Interessengemeinschaft der Aufbereiter und Verwerter von Müllverbrennungsschlacken (IGAM): mit Fachvorträgen und Fragerunden den aktuellen Arbeitsstand zur MantelV skizzieren.

In den Rechtsrahmen, zu Definitionen und Eckpunkten der Ersatzbaustoffverordnung (kurz: ErsatzbaustoffV oder EBV), die zusammen mit der Bundes-Bodenschutzverordnung (BBodSchV) den Kern der Mantelverordnung bildet, gab Rechtsanwalt Gregor Franßen eingangs einen kompakten Einstieg. Wichtig zu wissen: Rechtsgebiete, die auf die Mantelverordnung Einfluss nehmen, sind das Abfallrecht (Schadlosligkeit und Ordnungsmäßigkeit der Verwertung: § 7 Abs. 3 KrWG), das Bodenschutzrecht (keine Besorgnis schädlicher Bodenveränderungen § 7 BbodSchG) und das Wasserrecht (keine Besorgnis nachteiliger Gewässer-Veränderungen: § 48 Abs. 2 WHG).

Redebedarf gab es zu § 3 EBV, der Annahme von mineralischen Abfällen durch die Aufbereitungsanlagenbetreiber. Hintergrund dazu: Nicht alles soll unkontrolliert in die RC-Aufbereitungsanlagen kommen. Deshalb muss die Qualität bereits bei der Annahme sichergestellt sein. Aus dem Teilnehmerkreis wurde die Frage gestellt, wie die Annahmekontrolle zu dokumentieren ist. Muss es auch für kleine Container-Anlieferungen eine aufwendige Dokumentation geben? Janßen bejahte: Sichtkontrolle, Daten, Masse und Herkunftsbereich, AVV, Baumaßnahme, Farbe, Geruch, Konsistenz – all das muss auf dem Lieferschein stehen, auch bei kleineren Mengen. Anlieferer seien jedoch in der Pflicht, dies proaktiv mitzuteilen.

Ein weiterer spannender Punkt in Franßens Vortrag: die Anzeigepflichten für Verwender von mineralischen Ersatzbaustoffen, kurz: MEB, (§ 22 EBV) und das Ersatzbaustoffkataster (§ 23 EBV). Die Verwendung anzeigepflichtiger MEB wird von der zuständigen Behörde im Kataster für nachfolgende Generationen dokumentiert. Was nicht anzeigepflichtig ist, ist lieferscheinpflichtig. Lieferscheine müssen an die Bauwerk-Eigentümer übermittelt werden, damit das Wissen zum Grundstückseigentümer kommt.

Prof. Dr. Jens Utermann, Referatsleiter IV-4 Bodenschutz und Altlasten, Deponien beim Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW referierte im Anschluss über Erkenntnisse zu gefährlichen Industriechemikalien, den per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS), in seinem Bundesland. Es gäbe punktuelle und diffuse PFAS-Einträge in Böden – in städtischen Böden mehr als im ländlichen Bereich: durch Löschmittel, betriebliche Anwendungen (Papierindustrie, chemische Industrie), Altablagerungen, Deponien, atmosphärische Einträge, Materialaufbringung (Klärschlämme), Pflanzenschutzmittel, Bewässerung mit belastetem Grund- und Oberflächenwasser. Utermann berichtet, dass mehrere Arbeitshilfen zum Bodenschutz in Arbeit seien und zum Inkrafttreten der Bundes-Bodenschutzverordnung zur Verfügung gestellt würden.

Der Bodenschutz-Leitfaden „Empfehlungen für die bundeseinheitliche Bewertung von Boden- und Gewässerverunreinigungen sowie für die Entsorgung PFAS-haltigen Bodenmaterials“ wurde in NRW im März 2022 in den Vollzug eingeführt. Darin heißt es erläuternd: „Der Einsatz von PFAS-haltigem Bodenmaterial wird in der Ersatzbaustoffverordnung nicht geregelt, da für die Stoffgruppe der PFAS keine Materialwerte in Anlage 1, Tabellen 3 und 4, festgelegt sind. Der Einbau von PFAS-haltigem Bodenmaterial in ein technisches Bauwerk fällt insofern unter die Einzelfallregelung des § 21 Abs. 3 ErsatzbaustoffV“. Im Vortrag von Utermann wird aufgelöst: „Mit der Einhaltung der Geringfügigkeitsschwellen-Werte (GFS) im Eluat eines PFAS-haltigen Bodenmaterials gilt das Grundwasser am Ort des Aufbringens als ausreichend geschützt.“

Ebenfalls aus dem NRW-Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr schaltete sich Petra Umlauf-Schülke vom Referat IV-3 Kreislaufwirtschaft, Abfallwirtschaftsplanung zu. Ihre Themen: erste Novelle der ErsatzbaustoffV (wird diskutiert, obwohl die Verordnung noch nicht in Kraft ist), LAGA-Vollzugshilfe zur ErsatzbaustoffV, NRW-Übergangserlass, Ersatzbaustoffkataster und Monitoring-Programm. Umlauf-Schülke berichtet, das Ministerium spräche sich gegen Länderöffnungsklauseln aus. Zur LAGA-Vollzugshilfe führt sie aus: Die Länder hätten die Fragen erst einmal gesammelt und zunächst prioritäre Fragen beantwortet. Die Erarbeitung der Version 1 sei im September 2022 abgeschlossen worden und eine Veröffentlichung auf der LAGA-Website bis April 2023 anvisiert. Parallel würde an Version 2 weitergearbeitet.

Dass Deutschland ab 1. August 2023 über bundeseinheitliche Regelungen im Umgang mit Ersatzbaustoffen auch aus Sicht der Umweltverträglichkeit verfügt und die Lücke der Regelungen für die Umwelt nach nunmehr 15 Jahren intensiver Diskussionen durch die Mantelverordnung geschlossen sei, konstatiert der Sachverständige für Straßenbaustoffe Dr.-Ing. Klaus Mesters in seinem Vortrag.

Zum Abschluss der Veranstaltung trägt Sandra Giern Perspektiven für den Einsatz mineralischer Ersatzbaustoffe aus Sicht der Recyclingbranche vor. Ein Passus, der lange diskutiert und vielfach bei den Verbänden nachgefragt wurde: die Durchführung der akkreditierten Probenahme (beginnt schon bei § 3 ErsatzbauStoffV). Ein weiteres großes Thema für Giern sind die Anreize auf Abnehmerseite: Das Ende der Abfalleigenschaft/des Produktstatuts von güteüberwachten Recyclingbaustoffen müsse schnellstmöglich definiert werden. Erster Schritt sei die zügige Klarstellung des Endes der Abfalleigenschaft in der Novelle der EBV bzw. eine gesonderte Abfallende-Novelle.

Quellen

Alle Angaben ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit