Ein Verfahren der Oberflächentechnik: Metallbleche werden lackiert (Foto: Nordroden (iStock))
Ein Verfahren der Oberflächentechnik: Metallbleche werden lackiert
Foto: Nordroden (iStock)

Werkstattabfälle Abfallfraktionen und Abfallmanagement in der Oberflächentechnik

Im EU-Maßstab ist Deutschland Spitzenreiter im Sektor der Oberflächentechnik. Die Spannbreite der angewandten technologischen Prozesse wirkt sich dabei auch auf die Spannbreite der anfallenden Abfallfraktionen aus. Diese reichen bis hin zu gefährlichen Abfällen.

  • Eine Oberfläche verschönern und das Material darunter schützen: die zwei Kernaufgaben der Oberflächentechnik werden je nach Material und Intention durch verschiedene Verfahrensweisen realisiert.
  • Ob chemische oder mechanische Prozesse, ob Beschichtung oder Umformung: Oberflächentechnik ist ein allgegenwärtiger Aspekt moderner Produktionsprozesse. Die Spannbreite der möglichen Verfahren bringt eine entsprechende Spannbreite an Abfallfraktionen mit sich.
  • Zu diesen können auch verschiedene Sonderabfälle gehören. Exemplarisch zeigt sich das am Beispiel der chemischen Oberflächenbehandlung von Metallen.
  • Auch in der Oberflächentechnik offenbart sich die Notwendigkeit kompetent angewandter Abfallstrategien durch professionelle Entsorger. Das gilt auch maßgeblich für Fragen des Transportes oder der Berücksichtigung von Recycling-Aspekten.

Funktionalität und Ästhetik in der Oberflächentechnik

Die äußerste Schicht eines Materials, eines Gegenstandes, seine Oberflächenbeschaffenheit – sie ist von essenzieller Bedeutung. Als „Schutzhaut“ für das Material, den Stoff darunter, als Katalysator, der hilft, sich dieses Material, diesen Stoff nutzbar zu machen. Und nicht zu vergessen: Als ästhetischer Reiz, den eine schöne Oberfläche ausstrahlt. Die Funktionalität wie die Optik der „Schutzhaut“ sind die Kernkompetenzen der Oberflächentechnik.

Oberflächentechnik ist ein Sammelbegriff, der sämtliche Technologien zur Veränderung von Oberflächeneigenschaften eines Materials oder eines Gegenstandes umfasst. Dabei unterscheiden sich diese Technologien in Teilen stark voneinander, hängt eine sinnführende Oberflächenbehandlung doch schlicht davon ab, welches Material, welcher Werkstoff behandelt werden soll – und mit welcher Zielsetzung. Hierbei ist erst einmal die grundlegende Frage, ob die Oberflächenbehandlung aus funktionalen oder dekorativen Gründen vorgenommen wird.

Funktionale Aufgaben dienen der Haltbarkeitsmachung, der Optimierung der Korrosions- und Verschleißresistenz, der Anpassung des Rauheits- und Härtegrads, der Festigkeit und Dichte, aber auch der Gleiteigenschaften oder Leitfähigkeit eines bestimmten Materials oder Gegenstandes. Dekorative Oberflächenveränderungen richten sich auf Aspekte der Farbgebung, des Glanzes und Deckvermögens und ggf. auch hier auf Fragen der Glätte oder Rauheit, kurz: auf visuelle und haptische Eigenschaften.

Verfahrensklassen und -kategorien der Oberflächentechnik

Natürlich gehen funktionale und dekorative Aspekte der Oberflächenbehandlung häufig Hand in Hand. Aber ob nun die jeweilige Anwendung funktionaler oder „bloß“ dekorativer Natur ist oder sich funktionale und dekorative Aspekte decken – in jedem Fall untergliedern sich Oberflächentechnologien in zwei Verfahrensklassen: in Beschichtungsverfahren und solche, die auf die Änderung der Stoffeigenschaften des behandelten Materials ausgerichtet sind.

Während Letztere eine definitive, also permanente Wirkungsdauer mit sich bringen, werden Beschichtungen oft auch mit temporärer Zielsetzung vorgenommen. So können diese temporären Schichten je nach Bedarf nur für einen bestimmten Zeitraum aufgetragen und nach Ablauf dieses Zeitraums wieder entfernt werden, etwa zwecks Schutz eines Materials oder Gegenstandes während eines Transportes oder einer Lagerung.

Neben diesen zwei Verfahrensklassen gibt es verschiedene Verfahrenskategorien, das meint die konkret technologischen Ansätze der Oberflächenbehandlung. Im Wesentlichen sind das:

  • chemische Vorbehandlung von Oberflächen (Reinigung, Entfettung, Beizen)
  • mechanische Oberflächenbehandlung bzw. auch hier die Vorbehandlung von Oberflächen (Schleifen, Bürsten, Polieren, Strahlen)
  • Beschichtungen der Oberfläche (Lackieren, Pulverbeschichtung, Emaillieren, Verchromen, Galvanisieren)
  • Abtragung oder Umformung der Oberfläche, etwa durch Elektropolieren (ein elektrochemisches Verfahren, bei dem durch elektrischen Ladungstausch zwischen einem metallischen Bauteil und Elektrolyten, Metallionen von der Oberfläche des Bauteils abgetragen werden), durch Laserpolieren (Umschmelzung einer sehr dünnen Rand- oder Oberflächenschicht mit Laserstrahl) oder auch durch Oxidationsprozesse wie Brünieren (Herstellung einer schwarzen Schutzschicht auf eisenhaltigen Oberflächen)
  • Erzeugung von physikalischen oder chemischen Gasphasenabscheidungsschichten (die Physikalische Gasphasenabscheidung, PVD, versieht Substrate mit dünnen Schichten, das Beschichtungsmaterial wird zuerst verdampft, anschließend kondensiert es auf dem Substrat; bei der Chemischen Gasphasenabscheidung, CVD, vollzieht sich das Prozedere auf ähnliche Weise während der Gasphase einer chemischen Reaktion)

Branchen-Spitzenreiter Deutschland

Die hier skizzierte Spannbreite der Verfahrensmöglichkeiten verweist auch auf die Spannbreite der Industriezweige, in denen sie Anwendung finden. Wenig überraschend ist das in Deutschland vor allem die Automobilindustrie (40 Prozent Marktanteil). Es folgen Maschinenbau, Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt, sowie Elektro- und Verpackungsindustrie.

Oberflächentechnologie bzw. Unternehmen, in denen Oberflächentechnologien Anwendung finden, gehören in Deutschland weitgehend zum mittelständischen Sektor. Das Statistische Bundesamt verzeichnet hier rund 800 Betriebe mit jeweils mehr als 20 Mitarbeitern und einem Umsatz von knapp fünf Milliarden Euro pro Jahr. Der Zentralverband der Oberflächentechnik (ZVO) spricht von insgesamt rund 44.000 in der Branche Beschäftigten. Allerdings ist hier wichtig festzuhalten, dass die Erhebungen die zahlreichen Klein- und Kleinstbetriebe mit weniger als 20 Angestellten nicht berücksichtigen, das heißt, dass die tatsächliche Zahl entsprechend höher ausfällt. Nach Analysen der Industriekreditbank beläuft sich der gesamte Branchenumsatz auf über 17 Milliarden Euro. Was Deutschland neben Italien zum EU-Spitzenreiter im Oberflächentechnik-Sektor macht.

Eine Position, die sich am Beispiel des A380, des größten Passagierflugzeugs der Welt, anschaulich illustrieren lässt. Bei Airbus in Hamburg bekommt die Maschine ihren technologisch hochmodernen Lack aufgetragen – auf 3.150 Quadratmetern Oberfläche. Wobei es für die technische Realisierung allein schon an Platzkapazität zwei Hangars mit einer Fläche von je 22.365 Quadratmetern bedarf.

Sicher, ein Superlativ-Beispiel. Dass es aber gerade auch hier um mehr als Kosmetik, also dekorative Aspekte, geht, versteht sich von selbst. Es ist die Gewährleistung und Verbesserung von Witterungs-, Glanz- und Farbbeständigkeit, die Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit, die die Wichtigkeit der Oberflächentechnik definiert. Es geht um Verschleiß- und Korrosionsschutz, um Chemikalienschutz, auch Geräuschreduzierung. Und ob in Flugzeug- oder Autoindustrie, ob bei der Oberflächenbearbeitung von Stahlträgern und anderen Materialien etwa in der Bauwirtschaft, bei der Beschichtung und Lackierung von Groß- und Kleinstteilen im Maschinenbau, bei der Holzimprägnierungen in der Möbelherstellung oder der Schaffung antibakterieller Oberflächen in der Medizintechnik – in welcher Größenordnung und in welchem Bereich auch immer: Oberflächentechnik ist ein wesentlicher, allgegenwärtiger Aspekt moderner Produktionsprozesse. Was sich folgerichtig auch entscheidend auf Fragen des Abfallmanagements auswirkt.

Große Spannbreite der Abfallfraktionen

Egal, welcher der oben aufgeführten Prozesse zur Funktionsoptimierung von Oberflächen Anwendung findet, dass dabei verschiedene Materialien und Substanzen inklusive Prozesswasser anfallen, die einer fachgerechten Entsorgung bedürfen, ist unvermeidlich. Allein eine Auflistung der häufigsten und wichtigsten Abfallfraktionen aus der Oberflächentechnik macht das deutlich:

  • Altlacke und Altfarben
  • Chemikalien
  • Emulsionen
  • Farbpulver und Pulverlacke
  • Filtermatten
  • Gebinde
  • Härtereisalze
  • Laugen
  • Lösemittel und lösemittelhaltige Betriebsmittel
  • Säuren
  • Schlämme
  • Öle (Walzöle)
  • Ziehmittel

All diese Abfallfraktionen können sowohl beim eigentlichen Behandlungsprozess (etwa einer Beschichtung) wie auch bei Prozessen der Vorbehandlung (Reinigungs-, Entfettungs-, Beizprozesse) und der Nachbehandlung (etwa Chromatisierungs- oder Versiegelungsprozesse) entstehen. Die Abfälle betreffen sowohl ungefährlichen Restmüll wie gefährliche Abfälle. Anders gesagt: Die Spannbreite der oberflächentechnologischen Verfahren korrespondiert mit der Spannbreite des Abfalls, der bei diesen Verfahren entstehen kann. Ein angemessenes Abfallmanagement, mithin die Einbeziehung professioneller Entsorger, wird hier unabdingbar.

Gefährliche Abfälle in der chemischen Oberflächenbehandlung

Gilt hier doch einmal mehr: Man sollte die Komplexität nicht unterschätzen. Am Beispiel der chemischen Oberflächenbehandlung von Metallen, wie sie in der Automobil- oder Containerindustrie, in der Bau- oder in der Medizintechnik häufig Anwendung findet, lässt sich das schon mit einem Blick in die dafür relevante Abfallverzeichnis-Ordnung (AVV) gut erkennen.

Der Abfallsteckbrief AVV 1101 für „Abfälle aus der chemischen Oberflächenbearbeitung und Beschichtung von Metallen und anderen Werkstoffen (z. B. Galvanik, Verzinkung, Beizen, Ätzen, Phosphatieren, alkalisches Entfetten und Anodisierung)“ führt hier allein vier gefährliche Abfälle (mit * versehen) auf:

  • 110105* saure Beizlösungen
  • 110106* Säuren
  • 110107* alkalische Beizlösungen
  • 110113* Abfälle aus der Einfettung, die gefährliche Stoffe enthalten
  • 110114 Abfälle aus der Entfettung mit Ausnahme derjenigen, die unter 110113 fallen

Dabei beschränkt sich diese Auflistung erst einmal auf flüssige und feste Abfälle, die während der Vorbehandlung (Entfetten, Beizen usw.) bzw. bei der Nachbehandlung der Materialien anfallen. Zudem vermerkt AV 1101 ausdrücklich, dass nach jedem der jeweiligen Verfahrensschritte „anhaftende Prozesschemikalien vom Werkstück abgespült“ werden müssen, „um das folgende Prozessbad nicht zu verunreinigen“. Was wiederum reinigende Spülvorgänge zwingend notwendig macht, folglich also ein entsprechendes Aufkommen von Prozesswasser mit sich bringt. Die hier anfallenden Spülflüssigkeiten sind unter Abfallschlüssel 110111* und 110112* aufgeführt.

Noch einmal: Auch unter Einbeziehung der von Fall zu Fall und von Branche zu Branche divergierenden Anwendungsspezifik ist bei jedem Verfahren der Oberflächentechnik zu berücksichtigen, dass beim Abfallmanagement nicht nur das eigentliche Behandlungsverfahren (etwa Beschichtung), sondern auch die Vor- und Nachbehandlung wie auch die Abwasserbehandlung von entscheidender Relevanz sind.

In jedem Fall unterliegt gerade die Entsorgung von anfallenden Gefahrstoffen strengen gesetzlichen Regelungen (AVV, KrWG, GewAbfV). Diese greifen natürlich auch bezüglich der Lagerung und des Transportes der entsprechenden Abfälle.

Gefahrgutvorschriften, Recycling, Abfallkonzept

Das trifft für den Transport über größere Entfernungen, also die Nutzung der öffentlichen Verkehrswege, ebenso zu wie für Bewegungen innerhalb eines Betriebes, etwa vom Produktions- zum Ort der (Zwischen-) Lagerung.

Wie Gefahrgut im Allgemeinen und Sonderabfälle im Speziellen sicher zu transportieren sind, ist im europäischen Gefahrgutrecht verankert. Zielführend ist es zur Bestimmung der richtigen Gefahrgutklasse wie der daraus resultierenden Vorgaben für den Transport, immer auch die Liste der sogenannten UN- bzw. Stoffnummern zu konsultieren.

Wobei auch hier zu wiederholen ist, dass für den Transport von Sonderabfällen professionelle Entsorger zu konsultieren und zu beauftragen nicht nur sinnvoll, sondern oft auch in sowohl gesetzlicher wie organisatorisch-technologischer Hinsicht alternativlos ist. Das umso mehr, weil im Zuge eines immer umfänglicher angewandten Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG), auch für Stoffe und Materialien, die in der Oberflächentechnik anfallen, die Recycling-Kapazitäten zunehmen; also auch für die oben aufgeführten Abfallfraktionen (Chemikalien, Gebinde, Lösemittel usw.) verschiedenste Recyclingkonzepte existieren.

Quellen

Alle Angaben ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit