Verbot der Vermischung gefährlicher Abfälle ist europarechtlich in der Abfallrahmenrichtlinie geregelt (Foto: PSergey (AdobeStock))
Verbot der Vermischung gefährlicher Abfälle ist europarechtlich in der Abfallrahmenrichtlinie geregelt
Foto: PSergey (AdobeStock)

Vermischungsverbot Abfallgemische als „neuer Abfall“ und Aspekte ihrer kreislaufwirtschaftlichen Bewertung

Das Vermischungsverbot von Abfällen hat gute Gründe. Die Wahrnehmung von Abfallgemischen als kreislaufwirtschaftliche Ressource ebenfalls. Das gilt auch für Gemische, die Gefahrstoffe enthalten. Sonderabfallwissen wirft einen Blick auf eine diffizile Gemengelage, die Grenze zwischen Abfallgemisch und neuem Abfall und was sie für die Kreislaufwirtschaft bedeuten.

  • Getrenntsammlung ist die unabdingbare Grundlage effizienter Abfall-Ressourcenerschließung. Dem trägt auch das im KrWG verankerte Vermischungsverbot Rechnung.
  • Die Einbeziehung von Abfallgemischen als kreislaufwirtschaftliche Ressource schließt das nicht aus. Ausnahmeregelungen vom Vermischungsverbot sind folglich auch im KrWG zu finden.
  • Die abfalltechnischen Definitionen der Begriffe „Vermischung“ und „Verdünnung“, die AVV und POP-Verordnung: Sie alle geben klare Richtlinien für den Umgang mit Abfallgemischen vor. Im auch juristischen Grenzbereich der Auslegung bleibt die Frage, ab wann statt von einem Abfallgemisch eher von einem „neuen Abfall“ zu sprechen wäre – und was sich daraus für das weitere Prozedere ergibt.
  • Notwendig ist eine stärkere Fokussierung auf Einzelfallprüfungen. Die Entscheidung, inwiefern ein Abfallgemisch von kreislaufwirtschaftlicher Relevanz ist, liegt dabei maßgeblich in der Kompetenz professioneller Entsorgungsunternehmen.

Getrenntsammlung und Vermischungsverbot als Basis effizienter Abfall-Ressourcenerschließung

Nach kreislaufwirtschaftlichen Maßgaben ist der Umgang mit Abfällen immer als der Umgang mit potenziellen Ressourcen zu betrachten. Das Austarieren von ökologischen und ökonomischen Belangen ist ein Kernelement. Basis ist die Berücksichtigung der Abfallhierarchie – und somit die Berücksichtigung der Vorgaben zur Getrenntsammlung von Abfällen, wie sie im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) vorgesehen ist.

Die Getrenntsammlung ist die Grundlage effizienter Abfall-Ressourcenerschließung. Das heißt im Umkehrschluss, dass eine Vermischung von Abfällen möglichst zu vermeiden ist. Wobei Sonderabfällen aus naheliegenden Sicherheitsgründen hier noch einmal eine gesonderte Gewichtung zukommt: Grundsätzlich ist die vorsätzliche (sprich unkontrollierte und unbegründete) Vermischung – einschließlich der Verdünnung – verboten.

Doch ist schon an dieser Stelle ein relativierendes „eigentlich“ oder „im Prinzip verboten“ angebracht. Gibt es doch auch beim Vermischungsverbot für gefährliche Abfälle Ausnahmen. So etwa bei Anlagen, die über eine Zulassung nach den Vorgaben des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) verfügen. Oder wenn eine schadlose Verwertung des Abfallgemischs möglich ist oder sogar gerade im Sinne eines umweltschonenden Umgangs geboten ist.

Das führt zu drei Fragen. Erstens: Unter welchen konkreten Umständen können auch Abfallgemische aus dem Bereich des Sonderabfalls eine Ressource im Sinne des KrWG markieren? Zweitens: Trägt die Gesetzeslage diesen „bestimmten Umständen“ Rechnung oder steht sie ihnen eher im Weg? Und drittens: Was heißt das für die Unternehmen, für die die Bestimmungen in puncto Vermischungsverbot bzw. Handhabung von Abfallgemischen Relevanz haben?

Definitionen: Vermischung und Verdünnung

Europarechtlich ist das Verbot der Vermischung gefährlicher Abfälle in der Abfallrahmenrichtlinie geregelt. In deutsches Recht ist diese mit § 9a KrWG bzw. durch § 15 Abs. 3 KrWG umgesetzt. Nach diesen Vorgaben ist die Vermischung – einschließlich der Verdünnung – von gefährlichen Abfällen mit anderen gefährlichen Abfällen, sowie die Vermischung gefährlicher mit herkömmlichen, sprich ungefährlichen Abfällen, Stoffen oder Materialien, verboten. Aber was bedeuten eigentlich „Vermischung“ und „Verdünnung“ von Abfällen?

Unter Vermischung versteht man jedwede Veränderung der Eigenschaften eines bestimmten Abfalls durch die Zuführung von anderen Abfällen, Stoffen oder Materialien. Genauer formuliert: Von einer Vermischung ist immer dann zu sprechen, wenn durch Zuführung anderer Abfälle, Stoffe oder Materialien die chemischen und/oder physikalischen Gegebenheiten verändert werden; sich also eine Abfallfraktion in ihrer Stoffstruktur und Charakteristik (ggf. bis hin zum Aggregatzustand), in ihrer Zusammensetzung oder auch bzgl. der Eigenschaften einzelner Stofffragmente transformiert.

Verdünnung wiederum definiert eine „Unterform“ der Vermischung bzw. eine gezielte Form des Mischens mit dem Ziel, die Schadstoffkonzentration zu reduzieren. Konkreter: Bei einer Verdünnung erfolgt die Veränderung der Stoffanteile bei schon vermischten Abfällen – also Abfallgemischen – mit dem Ziel, die Konzentration gefährlicher Stoffe in diesen Abfallgemischen zu verringern. Es geht beim Prozess der Verdünnung im Grunde also darum, das Gefahrenpotenzial eines Abfallgemisches gewissermaßen „auszudünnen“.

Grundlage für diese Definitionen (wie auch für die daraus resultierenden Vermischungsverbote) bilden die Gesetzesvorgaben für die Bestimmung gefährlicher Abfälle wie sie im Europäischen Abfallverzeichnis (EAV) verankert sind und für Deutschland mit der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) ins nationale Recht überführt wurden. Einhergehend ist bekanntlich ein Klassifizierungssystem für Abfälle samt dazugehörigen Abfallschlüsselnummern installiert, welches bei der Handhabung gefährlicher Abfälle essentiell ist.

Abfallgemisch und Chemikalienrecht: Die POP-Verordnung

Nicht minder wichtig beim Blick auf das Themenfeld der Vermischung von Abfällen ist die POP-Verordnung. Diese reguliert für die Mitgliedsstaaten der EU den Umgang mit persistenten organischen Schadstoffen (POP: Persistent Organic Pollutants), also mit chemischen Verbindungen, die nur langsam abgebaut werden und sich auf Mensch und Umwelt schädlich auswirken können. 2017 in Kraft getreten, erfuhr die Verordnung jüngst aus „Gründen der Klarheit“ eine Neufassung und ist mit ihrem Anhangs IV samt der verzeichneten Stoffliste von unmittelbar praktischer Bedeutung für alle Unternehmen, bei denen Aspekte der Abfallvermischung aufs Chemikalienrecht treffen.

Als exemplarisches Beispiel sei hier auf den Schadstoff Hexabromcyclododecan (HBCD) verwiesen. HBCD fand lange und in weit umfänglichem Maße als Flammschutzmittel Verwendung (u. a. bei Polystyrol-Dämmstoffen, auf Kunststoffbeschichtungen oder Möbelbezugsstoffen). Womit HBCD oder genauer der damit „konterminierte“ Abfall (der einstige Dämmstoff, Möbelbezug usw.) zu einem Abfallgemisch wurde, das gerade auch professionelle Entsorger bei der Frage der kreislaufwirtschaftlich angemessenen Verwertung vor einige Herausforderungen stellte.

Im konkreten Fall entschärfte sich das Problem dadurch, dass seit 2016 Produkte (Stoffe, Gemische, Erzeugnisse) mit einem Gehalt von mehr als 100mg/kg HBCD nicht mehr hergestellt werden dürfen. Was, nur nebenher, auf einen weiteren Umstand verweist: Dass eine Vermeidung von gefährlichen Abfallgemischen auch schon beim Herstellungsprozess der Produkte, Materialen und Gegenstände beginnt, die naturgemäß irgendwann einmal Abfall sein werden.

Unabhängig davon, bleibt festzuhalten: Alle Abfälle, die in irgendeiner Form einen der in der POP-Verordnung aufgeführten Stoffe „enthalten oder durch diesen verunreinigt sind und den dort angegebenen Grenzwert erreichen oder überschreiten, sowie unter der Abfallverzeichnis-Verordnung als nicht gefährlicher Abfall gelten“ (Bundesumweltministerium), müssen getrennt von anderen Abfällen gesammelt und befördert werden.

Darüber hinaus gibt Anhang IV vor, ab welchem Gehalt an POP-Stoffen die Abfälle von einem Recycling auszuschließen sind. Erreichen und überschreiten Abfälle diese Zahlengrenzwerte, hat die Entsorgung so zu erfolgen, dass die fraglichen Schadstoffe entweder vollständig beseitigt oder umgewandelt werden.

„Abfallgemisch“ versus „neuer Abfall“

Wie eingangs erwähnt, sind in den Gesetzesvorgaben zum Vermischungsverbot Möglichkeiten der Abweichung von diesem Verbot mit vorgesehen. Eine Vermischung ist demnach dann erlaubt, wenn:

  • die Vermischung in einer Anlage erfolgt, die über eine Zulassung entsprechend den Maßgaben des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bzw. der diesbezüglichen EU-Richtlinie verfügt (Art. 23 RL 2008/98/EG),
  • die Anforderungen an eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung erfüllt sind und somit schädliche Auswirkungen durch die Vermischung nicht verstärkt werden (§ 7 Abs. 3 KrWG),
  • das Vermischungsverfahren dem dafür vorgegebenen Stand der Technik entspricht (§ 9a KrWG).

Werden diese Vorgaben erfüllt, können die entstehenden Abfallgemische auch als kreislaufwirtschaftliche Ressource betrachtet werden. Insofern ist die gesetzliche Sachlage klar und durchaus praxisorientiert. Diffiziler wird es indes bei der Frage, nach welchen Parametern die Schadstoffwerte der Abfallgemische gemessen und verwertet werden. Genauer: Welche Stoffe die Messwerte liefern, die über die weitere Verwertung der Abfallgemische entscheiden.

Natürlich bilden auch hier KrWG und AVV die verbindlichen Richtlinien. Allerdings berücksichtigt das einen entscheidenden Knackpunkt nur bedingt: Dass sich nämlich bei Vermischungsbehandlungen eben nicht einfach „nur“ zwei oder mehrere Abfallfraktionen mischen, sondern dass vielmehr ein Abfall mit neuen separaten Eigenschaften, ergo ein „neuer Abfall“ entsteht oder entstehen kann. Das heißt: Ändert sich dank einer neuen Zusammensetzung nachhaltig die stoffliche Struktur und die Charakteristika des Abfalls in einem so hohen Ausmaß, dass unter chemischen und/oder physikalischen Gesichtspunkten von einem neuen Abfall zu reden ist, ist eine solche Betrachtung auch unter rechtlichen Gesichtspunkten nur folgerichtig.

Womit ebenso folgerichtig wäre, dass bei der weiteren Handhabung dieses Abfallgemischs (ergo neuen Abfalls) eben nicht dessen einstige Ausgangsstoffe für die Schadstoff-Bemessung herangezogen werden, sondern vielmehr das Produkt der Vermischung ausschlaggebend ist. Also es explizit der entstandene neue Abfall ist, der dann auch die für die Verwertung in den End-Entsorgungsanlagen notwendigen Annahmegrenzwerte erbringen muss.

Die Wichtigkeit des Einzelfallbezugs und der Begriff der Schadlosigkeit

Wie schon skizziert, wird einerseits in § 9a KrWG bestimmt, dass eine Vermischung von gefährlichen Abfällen einschließlich der Verdünnung mit anderen Kategorien von gefährlichen Abfällen, anderen Abfällen oder anderen Stoffen unzulässig ist, andererseits hat wiederum nach § 7 Abs. 3 KrWG schlichtweg die Gewährleistung einer „schadlosen Verwertung“ Priorität. Genau hier wirkt besagter „Knackpunkt“. „Schadlos“ heißt, dass eine „Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit“ ausgeschlossen sein muss.

Ist diese Schadlosigkeit auch im Falle des Abfallgemischs bzw. des neuen Abfalls gegeben, spricht im Grunde nichts gegen dessen wirtschaftliche Verwertung oder wenn nötig, dessen gesetzeskonformer Beseitigung. Es ist also nicht grundsätzlich von einer Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf auszugehen. Ermöglicht eine Vermischung technologisch den im KrWG festgelegten Verwertung-vor-Beseitigung-Grundsatz, ist eher das Gegenteil der Fall.

Das Resümee, das daraus zu ziehen ist, legt nahe, dass gerade auch beim Thema „Abfallgemische“ der Einzelfallbezug eine weit größere Rolle spielen muss als bisher. Die Schadlosigkeit bzw. der Gefahrengrad von Abfallgemischen lässt sich eben nicht so einfach nach generalisierenden Vorgaben wie sie etwa in den Abfallschlüsselnummern Ausdruck finden, festlegen.

Das spricht – um das klar zu sagen – mitnichten gegen die AVV. Aber für eine praxisnah flexiblere Sicht und Handhabung. Wobei ebenfalls noch erwähnt sei, dass „flexibel“ selbstredend nicht „lax“ heißt. Einzelfallbezug schließt akkurate Prüfmechanismen nicht aus, im Gegenteil. Das beginnt schon beim Begriff der „Schadlosigkeit“, der sich aus drei jeweils eben im Einzelfall zu prüfenden Faktoren ergibt:

  1. die Beschaffenheit des Abfalls,
  2. die Dimension der Verunreinigungen,
  3. die jeweils vorgesehene Art der Verwertung.

Es sind solche Kriterien, gekoppelt an ihre Ausrichtung nach jeweils spezifisch festgelegten Schadstoffgrenzwerten, die die Handhabung von Abfallgemischen als „neuen Abfall“ ermöglichen (würden). Was auch im Sinne einer zielführenden Kreislaufwirtschaft, ergo einer umfänglicheren Nutzung ihrer Ressourcen, nicht nur wünschenswert, sondern auch notwendig ist.

Abfallgemische und eine zukunftsfähige Kreislaufwirtschaft

Halten wir fest: Das Vermischungsverbot für Abfälle ist erstens in ökologischer wie ökonomischer Hinsicht sinnvoll. Zugleich kennt – zweitens – das Abfallrecht kein absolutes Vermischungsverbot. Und das ist ebenfalls sinnvoll.

Das zeigt sich auch daran, wie immer wieder Gesetze nachjustiert werden. So wird etwa geprüft, ob Klärschlamm, der auch für die Phosphorgewinnung eine immer größere Rolle spielt, ab dem Jahr 2029 mit Tier- oder Knochenmehl, Kohle oder Sekundärbrennstoffen gemischt werden darf. Ziel ist ein optimiert heizwertreiches Abfallgemisch.

Anzumerken ist hier ebenfalls, dass vermischte gewerbliche Siedlungsabfälle prinzipiell einer Vorbehandlungsanlage zugeführt werden müssen. Bei der erstmaligen Übergabe des Abfallgemischs haben sich dessen Erzeuger bzw. Besitzer vom Betreiber der Vorbehandlungsanlage bestätigen zu lassen, dass diese den gesetzlichen Bestimmungen nach § 6 Abs. 1 und 3 GewAbfV entspricht. Wichtig: Um den Vorbehandlungsprozess nicht zu behindern, dürfen Glas und Bioabfälle in Siedlungsabfallgemischen nur in geringen Mengen enthalten sein. Abfälle aus humanmedizinischen oder auch tierärztlichen Bereichen (siehe Kapitel 18 AVV) dürfen in den Gemischen gar nicht enthalten sein. Hier wird der möglichen Anreicherung dieser Abfälle mit Gefahrstoffen Rechnung getragen.

Abschließend ist noch einmal zu wiederholen: Die kreislaufwirtschaftliche Fokussierung auf Abfalltrennung hat ihre fraglos legitime Gründe. Eine forcierte Prüfung von Einzelfällen in puncto Abfallgemische ebenfalls. Das gilt auch für gefährliche Abfallmischungen. Bei der Entscheidung, inwiefern diese im Einzelfall von kreislaufwirtschaftlicher Relevanz sein können, sind ganz klar die Erfahrungen und Kompetenzen professioneller Entsorger gefragt.

Fakt ist: Prozesse der Schadstoffentfrachtung bei gleichzeitiger Heizwerterhöhung sind bei gefährlichen Industrie-Abfallgemischen technologisch ebenso praktikabel wie die Rückgewinnung von Metall, Öl und Lösungsmitteln aus Schlämmen oder die Separierung von Altspeisefetten (eine gute Ressource der Bioenergie) aus Abwassergemischen.

Eine zukunftsorientierte Kreislaufwirtschaft kann es sich nicht leisten, solche Optionen zu ignorieren.

Quellen

Alle Angaben ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit