In der Schwerindustrie fallen unterschiedlichste Abfälle, auch Sonderabfälle an (Foto: onlyyouqj (iStock))
In der Schwerindustrie fallen unterschiedlichste Abfälle, auch Sonderabfälle an
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Abfallmanagement in der Schwerindustrie Die Schwerindustrie im Transformationsprozess zur Kreislaufwirtschaft

Zwischen Kohleausstieg und technologischer Innovation, zwischen Stahlrecycling und Sonderabfallbehandlung: Für die Branchen der Schwerindustrie ist die Umsetzung der Klimaziele mit großen Einschnitten und Herausforderungen verbunden. Der Abfallwirtschaft fällt dabei eine tragende Rolle zu.

  • Einst war die Schwerindustrie Hauptindikator der Industrialisierung, heute muss sie die Transformationsprozesse hin zur CO2-neutralen Kreislaufwirtschaft meistern.
  • Vor allem die Eisen- und Stahlindustrie arbeitet an technischen Innovationen, um das für 2050 gesetzte Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Der kreislaufwirtschaftlichen Verwertung von Stahlschrott kommt hier eine maßgebliche Rolle zu.
  • Auch bei gefährlichen Abfällen aus der Schwerindustrie gilt die oberste kreislaufwirtschaftliche Prämisse: Verbrauch senken, Recycling steigern, Kreisläufe schließen.
  • Das trifft auch auf das Wasser- respektive Abwassermanagement zu. Trinkwasser ist zur gefährdeten Ressource geworden. Die Wiederaufbereitung von Abwässern wird hier essenziell.

Integraler Bestandteil der Weltwirtschaft

Beim Wort „Schwerindustrie“ mag der Laie vor allem eine Assoziation haben: Gewaltige Schornsteine, aus denen es qualmt plus funkensprühende Hochöfen in Stahl- und Walzwerken. Möglicherweise denkt man auch an Bergbaubrachen, Zechen, Fördertürme, Abraum-, Erz- und Kohlehalden oder sieht petrochemische Raffinerien vor sich – aber all das in flächendeckend exorbitantem Ausmaß. Kurz: Das Wort Schwerindustrie lässt nicht ganz ohne Grund ein Klischeebild wie aus den Hochzeiten der industriellen Revolution erstehen.

Was nur zum Teil richtig ist: Denn natürlich existiert die Schwerindustrie nach wie vor als ein wesentlicher Bestandteil der Weltwirtschaft. Dabei umfasst sie den Berg- und Tagebau ebenso wie die Papier- und Zellstoffindustrie, chemische Raffinerien oder den Maschinen- und Anlagenbau. Das alles gehört zur Schwerindustrie – wobei der Begriff traditionell in einem engeren Sinne gebraucht wird, das heißt, vornehmlich auf die Eisen- und Stahlindustrie, also auf die Verhüttung von Erzen und Weiterverarbeitung von Metallen, bezogen wird.

Heute wird die Eisen- und Stahlindustrie den „alten Industrien“ zugerechnet und im Kontext ökologischer Notwendigkeiten einer kritischen Bewertung unterzogen. Was verständlich ist. Allerdings: An dem Umstand, dass Stahl nach wie vor der weltweit wichtigste Werkstoff ist, ändert das nichts. Ein Spannungsfeld, zu dem hinzukommt, dass mit dem Ukraine-Krieg die Schwerindustrie insgesamt in eine wirtschaftliche Schieflage geraten ist. Das betrifft auch die deutsche Stahlbranche: Traditionsreiche Konzerne verzeichneten schon im März 2022 einen Rückgang des Produktionsvolumens um zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Aufs Quartal gerechnet, schrumpfte die Rohstahlproduktion um insgesamt 3,7 Prozent auf 9,8 Millionen Tonnen. Erschwerend zu den im Zuge des Krieges gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen trägt auch die sinkende Nachfrage seitens der Automobilindustrie dazu bei, dass „die Stahlkocher“ ihre Produktion drosseln mussten.

Krisensymptome und innovative Zukunftsoptionen

Wo man nun bezüglich der weiteren politischen Entwicklungen (Ukrainekrieg) mit Prognosen vorsichtig sein sollte, sind in puncto Umwelt- und Ressourcenschutz die Weichen klar gestellt: Klimaneutralität bis 2050 ist das große verbindliche Ziel. Auch in der Schwerindustrie. Die Frage ist nur: Wie gut und umfänglich kann diese Branche kreislaufwirtschaftlichen Maßgaben gerecht werden?

So wurden und werden in der Eisen- und Stahlbranche die Anstrengungen forciert, die Schmelzvorgänge nicht mehr statt wie bisher mit Kohle und Koks, sondern mit alternativen Energieträgern, insbesondere Wasserstoff, zu gewährleisten. Mittelfristig soll dieser auch Erdgas ersetzen. Das heißt, die klassische, also mit fossilen Brennstoffen betriebene „Hochofen-Route“ ist – wird – unter diesen Prämissen obsolet. Aus guten Gründen. Verursacht die traditionelle Technologie doch allein in Deutschland schon gut 6 Prozent des ausgestoßenen CO₂. Der Knackpunk, um diesen Zustand zu ändern, ist folglich, dass dort, wo bisher die Schwerindustrie vor allem (und natürlich auch sinnvoller Weise) auf Aspekte der Materialeffizienz setzte, jetzt verstärkt die Entwicklung neuer innovativer, klimafreundlicher Technologien in den Mittelpunkt rücken muss.

Und das betrifft insbesondere die eng damit verbundene Entwicklung eines „grünen Wasserstoffs“, bei dessen Verwendung nur verringerte respektive gar keine CO₂-Emissionen mehr freigesetzt werden. Mehrere Hersteller erproben hier Verfahren, die eine Ablösung der bisher praktizierten „Hochofen-Blasstahlwerk-Route“ (BF-BOF) durch Wasserstoff-Direktreduktionen und Flüssigstahlherstellung im Elektro-Lichtbogen-Ofen (der sogenannten DR-EAF-Route) ermöglichen. Oder arbeiten an Prozessen der Direktverflüssigung von Eisenerz, etwa mit der Hlsarna-Technologie (Eisenerz wird in einem Reaktor direkt verflüssigt), dank der der CO₂-Ausstoß um 20 bis 50 Prozent minimiert werden kann.

Technologische Optionen existieren also. Dass für deren umfängliche und wirtschaftlich rentable Umsetzung die Zeit drängt, weiß auch die Branche. Der Vorsitzende der Energy Transitions Commission, einer Denkfabrik mit Fokus auf Wirtschaftswachstum und Klimaschutz, Lord Adair Turner bestätigt: „Was Ehrgeiz und Engagement angeht, haben wir die Trendwende schon geschafft. Auch in den schwierigen Sektoren gehen führende Unternehmen Verpflichtungen ein, die den Wandel vorantreiben.“

Was umso wichtiger ist, als dass das Jahr 2050 nur noch einen „Investitionszyklus“ entfernt ist. Sollen die anvisierten Ziele erreicht werden, müssen bis zum Ende dieses Jahrzehnts – also bis 2030 – einschlägige neue Technologien ihre wirtschaftliche Rentabilitätsschwelle genommen haben. Wido Witecka, Stahlexperte bei der deutschen Klimaschutz-Denkfabrik Agora Energiewende: „Die 2020er Jahre sind in dieser Hinsicht ein sehr kritisches Jahrzehnt, da mehr als 70 Prozent aller Hochöfen das Ende ihrer Lebensdauer erreichen, und Entscheidungen über Reinvestitionen nötig werden.“

Doch trotz dieser komplexen und auch schwierigen Gemengelage, geht die Internationale Energieagentur (IEA) davon aus, dass bis 2050 die Kohlenstoffabscheidung die Hälfte der gesamten Stahlproduktion abdecken wird – und prognostiziert für den gleichen Zeitraum einen Anstieg der Nachfrage an Stahl um rund ein Drittel.

Verbrauch senken, Recycling steigern: Stahlschrott als nachhaltig zukunftsfähiger Rohstoff

Bei der Beantwortung der oben gestellte Frage, wie gut und umfänglich die Schwerindustrie kreislaufwirtschaftlichen Maßgaben gerecht werden kann, sind technologische Innovationen zur Reduzierung des CO₂-Ausstoßes bei der Stahlherstellung fraglos ein Hauptaspekt. Ein anderer spiegelt sich im Mantra der Kreislaufwirtschaft wider: Verbrauch senken, Recycling steigern.

Stahlschrott ist Rohstoff. Laut Statista Research Department lag 2021 auf dem deutschen Markt der Preis für Stahlschrott bei 399 Euro pro Tonne. Wobei festzuhalten ist, dass die Preise mitunter starken jährlichen Schwankungen unterliegen, ist die Entwicklungskurve für Stahlschrottpreise doch an den Entwicklungsverlauf der nachgefragten Stahlschrottmenge zur Rohstahlerstellung gebunden. Der aktuelle Stand des Preises für Stahlschrott lässt sich anhand des Erzeugerpreisindex des Statistischen Bundesamts für Sekundärrohstoffe aus Eisen- und Stahlschrott ermitteln.

Rückblickend ist zu vermerken, dass im Jahr 2018 in Deutschland rund 45 Prozent des neu produzierten Rohstahls durch recycelten Stahl gewonnen wurden. Was Deutschland neben Italien in der EU zu den führenden Ländern bei der Wiederverwertung von Stahlschrott macht. Im EU-Maßstab insgesamt wurden 2019 rund 88 Millionen Tonnen Stahlschrott zur Erzeugung von Rohstahl verbraucht. Was einem weltweiten Anteil von rund 16 Prozent entspricht. (Alle Zahlen von Statista Research Department, 26.7.2022)

Das heißt: Schwankungen eingerechnet, kann man davon ausgehen, dass in Deutschland mehr als ein Viertel der Stahlmenge aus recyceltem Altmetall hergestellt wird. Dass es (noch) nicht mehr ist, schuldet sich dabei auch dem Umstand, dass technologisch (noch) nicht umfänglich zu verhindern ist, dass beim Recycling qualitätsmindernde Verunreinigungen durch Nickel oder Kupfer auftreten können. Es folglich also notwendige Begrenzungen dafür gibt, wie oft Stahlschrott wiederverwertet werden kann. Gleichwohl liegt der sowohl ökonomische wie ökologische Nutzen, der mit dem Recycling von Stahlschrott verbunden ist, auf der Hand. Stahlschrott ist Rohstoff, ein nachhaltig zukunftsfähiger Rohstoff.

Bei dessen kreislaufwirtschaftlicher Verwertung unterscheiden die Experten der Abfallwirtschaft zwischen Stahlrecycling und Wiederverwertung. Stahlrecycling bezeichnet das Einschmelzen von Stahlschrott und die daran anschließende Herstellung neuer Stahlprodukte. Die Wiederverwendung verzichtet auf den Vorgang des Einschmelzens und setzt stattdessen auf die zielgerichtete Aufbereitung verschiedenster „alter“ Stahlkonstruktionen, indem diese für gleiche oder ähnliche Arbeitsprozesse erneut funktionstüchtig gemacht werden bzw. als Ersatzteil- und Materiallieferant für verwandte Anlagen dienen.

Für das eine wie das andere Verfahren finden ausschließlich Stahl- oder Eisenschrotte, Gießereischrott, Schrott aus nichtrostenden Stählen sowie Nutzeisen Verwendung. Stahl zählt zu den Eisenmetallen (FE-Metalle) und unterscheidet sich somit von der Abfallart der NE-Metalle (Kupfer, Blei, Nickel, Zinn, Zink, Titan, inklusive Kupferlegierungen). Genauer zu beachten ist hier allerdings der Begriff des „Nutzeisens“: Nutzeisen ist die handelsübliche Bezeichnung für aus Schrott aussortierte Stahlteile, die noch verwertbar sind und somit im abfallwirtschaftlichen Kontext zur „Abfallart Stahl“ zählen, auch wenn sie Eigenschaften/Anteile von NE-Metallen aufweisen. Zur Abfallart Stahl zählen somit insgesamt:

  • Stahl, Stahl- und Eisenschrott
  • Aluminium (E-Motorblöcke, Felgen, Leiterbahnen)
  • Kabelschrott
  • Messing (Antennen, Armaturen, Hohlleiter)
  • Blei und Zink (Dachdeckungen, Fensterbänke, Regenrinnen)
  • E-Motoren
  • Kupfer (Rohre, Dachbleche, Dachrinnen)
  • Nickel (Kochtöpfe, Waschmaschinen, Spülbecken)

Allein diese Bandbreite illustriert, dass für die die Eisen- und Stahlindustrie eine fachkompetente und vorlaufende Abfallbehandlung seitens professioneller Unternehmen unumgänglich ist. Das trifft umso mehr bei der Handhabung von den in der Schwerindustrie auftretenden Sonderabfällen zu.

Kreisläufe schließen: Verwertung von Schlacken und gefährlichen Abfällen aus der Schwerindustrie

Vom Stahlwerk über den Chemiepark bis hin zum Bergbau: In der Schwerindustrie fallen unterschiedlichste Abfälle mit oft auch unterschiedlichster Schadstoffzusammensetzung an. Seien es Filtermatten aus Absauganlagen, seien es Schlacken oder Schlämme: Für eine ökologisch und ökonomisch korrekte Entsorgung werden hier spezialisierte Unternehmen unvermeidlich.

Das beginnt beim detaillierten Erfassen und Analysieren, welche Abfallstoffe wo und wie einer möglichst effektiven Weiter- bzw. Neuverwertung zuzuführen sind. Das setzt sich fort beim ebenso fachgerechten Umsetzen dieser Weiter- und Neuverwertung. Hinzu kommen die Sanierung, Wartung und Reinigung verschiedener Anlagen in den verschiedenen Schwerindustrie-Branchen, die immer unter Einbeziehung der Weiter- und Wiederverwertung der dabei anfallenden Abfälle durchzuführen sind.

In welchen Umfang hierbei Abfälle auftreten können, lässt sich allein anhand des Abfallsteckbriefs 1002 „Eisen- und Stahlindustrie“ illustrieren: Feste Abfälle aus der Abgasbehandlung, die gefährliche Stoffe enthalten (100207*), ölhaltige Abfälle aus der Kühlwasserbehandlung (100211*) oder Schlämme und Filterkuchen der Abgasbehandlung, die gefährliche Stoffe enthalten (100213*), sind hier nur drei Beispiele, von insgesamt zehn aufgelisteten Abfallfraktionen.

Bei einem umfänglich professionellen Recycling von Schlacken oder auch Ofenausbruch ist zudem anzumerken, dass dabei nicht nur die unerwünschten Stoffe sorgfältig separiert und so behandelt werden, dass sie in Folge als schadstofffreie Materialien erneut verwertbar sind, sondern sich ggf. auch Edel- und Buntmetalle aus den Schlacken/Ofenausbrüchen zurückgewinnen lassen.

Größter Abnehmer behandelter Schlacken ist der Straßenbau, gefolgt von der Düngemittel- und Zementindustrie. Auch im Deponie- oder Dammbau, als Schotter im Gleisbau oder als Erosionsschutz an Uferbefestigungen sind Schlacken einsatzfähig.

Wasser: Schwindende Ressource als wichtiger Prozessstoff für die Schwerindustrie

Ein weiterer maßgeblicher Bereich im Kontext von Schwerindustrie und Recyclingwirtschaft ist das Wasser-, respektive Abwassermanagement. Auch hier steht das Schließen von Kreisläufen im Vordergrund, zumal bei Kohlekraftwerken oder Chemieunternehmen der Wasserverbrauch immens ist. Und das bei sich im Zuge des Klimawandels zunehmend merkbar verknappenden Wasserressourcen.

Natürlich generieren die Unternehmen für die Produktionsprozesse einen Gutteil des benötigten Wassers durch Mehrfachnutzung. Doch der hohe Wasserbedarf von Schwerindustrie-Unternehmen zeigt, wie dringend notwendig es ist, das dieses Brauchwasser möglichst oft und umfänglich wiederaufbereitet wird, um es als sauberes Prozesswasser in die Anlagen zurückzuführen. Die Kompetenzen professioneller Recyclingunternehmen sind hier essenziell, allein schon eingedenk der existierenden Breite verschiedenster Prozesswasser (Wasser aus der Entsalzung, industrielle Wasch- und Reinigungswässer, Kühlwasser, Spülwasser aus Metall- und Kunststoffrecycling usw.) die oft in jeweils speziellen Verfahren behandelt werden müssen.

Quellen

Alle Angaben ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit