Eins von insgesamt neun Gefahrenpiktogrammen zur Kennzeichnung von Gefahrstoffen: Feuer steht für entzündlich (Foto: tzahiV (iStock))
Eins von insgesamt neun Gefahrenpiktogrammen zur Kennzeichnung von Gefahrstoffen: Feuer steht für entzündlich
Foto: tzahiV (iStock)

Gefährliche Stoffe, Abfälle und Güter Gefahrstoff, gefährlicher Abfall und Gefahrgut: Gemeinsamkeiten, Unterschiede und korrekte Handhabung

Häufig werden die Begriffe „Gefahrgut“ und „Gefahrstoff“ synonym verwendet. Was nicht prinzipiell falsch ist, aber zugleich entscheidende Unterschiedsmerkmale ignoriert. Das kann im praktischen Umgang sowohl unter sicherheitstechnischen wie juristischen Aspekten schnell Negativfolgen nach sich ziehen.

  • Gefahrstoff ist nicht automatisch Gefahrgut! Von letzterem spricht man korrekterweise nur dann, wenn ein Gefahrstoff transportiert werden muss. Das gilt dezidiert auch für den Transport gefährlicher Abfälle.
  • Die gesetzlichen Bestimmungen für den Umgang mit Gefahrstoff und Gefahrgut sind in der Gefahrstoff- bzw. der Gefahrgutverordnung verankert.
  • Sonderabfälle entstehen nicht nur in Industrie und Gewerbe, bis zu ein Prozent des Hausmülls fällt ebenso unter diese Kategorie. Schadstoffhaltige Produkte finden sich überall im privaten Haushalt, sei es beim Renovieren, im Garten oder auch als Bestandteil der Autopflege.Die Kategorisierung von Gefahrstoffen, die gleichzeitig auch Gefahrgüter sind, ergibt sich aus der UN-Nummer.

Wann werden Gefahrstoffe und Sonderabfälle zu Gefahrgütern?

Im Kontext der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft spielt hinsichtlich der Komponenten „Gefahrstoff/Gefahrgut“ natürlich dezidiert auch gefährlicher Abfall eine Rolle. Was zu tun ist, wenn aus Gefahrstoffen gefährlicher Abfall wird, wie dieser zu lagern, transportieren und entsorgen ist, gehört zu den Zentralkompetenzen der Abfallwirtschaft.

Als Gefahrstoff gilt ein Stoff oder ein Stoffgemisch dann, wenn er bzw. es gefährliche Eigenschaften aufweist oder in irgendeiner Form schädlich für Mensch und Umwelt sein könnte. Hierzu zählen z.B. giftige und ätzende Stoffe. Zu beachten ist dabei, dass prinzipiell alle Gefahren, die von den jeweiligen Stoffen ausgehen, entsprechend gekennzeichnet sein müssen, egal wie stark oder schwach deren Gefährdungswirkungsgrad ist. Die rechtlichen Grundlagen dafür sind in der Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung, GefStoffV) fixiert.

Gefährlicher Abfall (z. T. auch Sonderabfall genannt) sind alle Abfallstoffe/Abfallarten, die die Gefahrstoffe in relevanten Konzentrationen enthalten bzw. als „reine“ Gefahrstoffe definiert sind. In diesen Fällen sind spezielle Entsorgungswege und -verfahren zu beachten. Die abfallrechtliche Einstufung dieser Abfälle ist ihrer Herkunft nach im Europäischen Abfallverzeichnis (EAV) bzw. der deutschen Abfallverzeichnisverordnung (AVV), versehen mit einem „Sternchenzusatz“, aufgelistet. Die Handhabung dieser gefahrstoffhaltigen Abfälle ist mit verschiedenen gesetzlichen Vorgaben verwoben und ein zentrales Kompetenzfeld der Abfallwirtschaft.

Von Gefahrgut spricht man erst dann, wenn ein Gefahrstoff (bzw. auch gefährlicher Abfall) transportiert wird. Anders gesagt: Ist ein Transportgut ein Gefahrstoff, gilt dieses als Gefahrgut und unterliegt speziellen Sicherheitsparametern. Die rechtliche Grundlage dafür ist in der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) bzw. im Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR)verankert.

Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass bei der Handhabung von Gefahrstoff und Gefahrgut zwei Rechtsgebiete aufeinandertreffen: Zum einen geht es konkret um die Gefahrstoff-Kennzeichnung vor Ort (in Betrieb, Werkstatt, Labor usw.), die über Risiken im Umgang mit dem jeweiligen Stoff informiert. Zum anderen geht es um die Gefahrgut-Kennzeichnung und die Richtlinien, die sich aus dieser für die Verfahrensweisen während des Transports ergeben. Hier spielen nicht zuletzt auch Vorgaben der Straßenverkehrsordnung eine Rolle (z. B. „Schlechtwetterregel“, § 2 Abs. 3a Satz 5 StVO).

Unterschiedliche Vorgaben, unterschiedliche Handhabung

GefahrstoffeGefahrgut
Welche Rechtsgrundlagen greifen?
Arbeitsschutzrecht: Pflicht zur betrieblichen Gefährdungsbeurteilung nach GefStV und Verordnung Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS).Transportrecht: Basis bildet hier die EU-Richtlinie „Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße“ (ADR), die die Vorschriften hinsichtlich Verpackung, Ladungssicherung und Kennzeichnung von Gefahrgut festlegt.
Art und Ziel der Tätigkeiten, die nach entsprechenden Sicherheitsregeln zu erfolgen haben
Maximale Gefährdungsminimierung bei Verwendung, Verwertung und Lagerung auf dem Betriebsgelände. Priorität: Schutz der Mitarbeiter und der Umwelt.Verpacken und Verladen im Betrieb; Transport zum und Entladen am Zielort. Achtung: Auch beim innerbetrieblichen Transport gelten die Vorschriften von ADR und GGVSEB. Ziel auch hier: Schutz von Menschen und Umwelt.
Klassifizierung und Kennzeichnung
Hat hier nach der CLP-Verordnung zu erfolgen, die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung (Classification, Labeling and Packaging) von Stoffen und Gemischen regelt. Entsprechende Angaben sind auch im Sicherheitsdatenblatt (SDB) verzeichnet.Hat mit Gefahrzettel und korrekter UN-Nummer gekennzeichnet zu sein.
Auch hier kann man auf die Angaben im Sicherheitsdatenblatt (SDB) zurückgreifen.
Wer ist verantwortlich für Festlegung und Einhaltung der Schutzmaßnahmen?
Der Hersteller oder erste Verwerter/ Importeur eines Produktes, ist in der Pflicht zu überprüfen, ob es sich um einen Gefahrstoff, bzw. ein Gefahrgut handelt. Ist dem so, muss ein SDB erstellt werden. Das kann nur durch einen dafür geschulten Mitarbeiter erfolgen. Ein Gefahrstoffbeauftragter ist ggf. sinnvoll, rechtlich aber nicht verpflichtend.So es sich nicht um Kleinmengen handelt, ist es in der Verantwortung des Versenders, pflichtgemäß einen Gefahrgutbeauftragten zu bestellen.

Die richtige UN-Nummer und die novellierte Gefahrstoffverordnung

Nicht alle Gefahrgüter sind automatisch Gefahrstoffe und umgekehrt. Während beispielsweise Benzin, Propangas, Salzsäure, Virenkulturen (etwa in medizinisch-technischen Laboren) oder Lösungsmittel sowohl unter die Rubrik Gefahrstoffe als auch Gefahrgüter fallen, ist z. B. Salz für die Spülmaschine „lediglich“ ein Gefahrstoff (da wassergefährdend), während wiederum Tischtennisbälle unter Gefahrgut firmieren. Zumindest, wenn sie aus dem hochentflammbaren Zelluloid hergestellt sind, was heute allerdings aus Sicherheitsgründen kaum noch der Fall ist. Anders gesagt: Aus Plastik statt Zelluloid gefertigte Tischtennisbälle sind wiederum kein Gefahrgut.

Was exemplarisch illustriert, wie wichtig es ist, sich auch beim Umgang mit vermeintlich ungefährlichen Stoffen/Materialien im Vorfeld über deren tatsächliche Definition und Einstufung zu informieren. Hinzu kommt, dass gesetzliche Vorgaben im Detail immer wieder nachgebessert werden. Kurz: Es empfiehlt sich, immer noch einmal genau hinzusehen, welche gesetzlichen Vorgaben jeweils (neu) zu beachten sind.

Eines der wichtigsten Kriterien für die Kennzeichnung und daraus folgend für die korrekte Handhabung von Gefahrstoffen, die gleichzeitig auch Gefahrgüter sind, ist die oben schon aufgeführte UN-Nummer (auch Stoffnummer). Auf allen Gefahrguttransporten ist sie die untere Zahlenfolge auf den orangefarbenen Warntafeln und verweist auf Zusammensetzung und Gefahrengrad des Transportgutes. Bezüglich der Kennzeichnung von Gefahrenstoffen gelten ebenfalls zahlreiche Vorgaben.

Wichtig ist die UN-Nummern-Kategorisierung auch bei der Entsorgung von Gefahrstoffen. Es empfiehlt sich gerade hier einmal mehr, mit dieser Aufgabe spezialisierte Betriebe zu betrauen. Das gilt für ganz pragmatische Fragen wie etwa jener, welche Behälter für welche Gefahrstoffe am besten geeignet und zugelassen sind, das gilt für wichtige Grundlageninformationen über den neuesten Stand der gesetzlichen Regelungen, das gilt für die Sicherheit für Mensch und Umwelt, die durch entsprechende Professionalität entscheidend optimiert wird, und den Ressourcen- und Klimaschutz durch ein fachgerechtes Recycling.

Optimiert werden dabei auch immer wieder gesetzliche Rahmenbedingungen. So wurden jüngst in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) neue Vorgaben installiert, die vornehmlich den Umgang mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen und reproduktions-toxischen Gefahrstoffen verschärfen. Fortführend hat im vergangenen März das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) einen weiteren Referenzentwurf zur Änderung der GefStoffV vorgelegt. Fokus: verbesserte Prävention im Hinblick auf arbeitsbedingte Krebserkrankungen. Hierbei geht es vor allem um eine erstmals vollständige Implementierung risikobezogener Maßnahmenkonzepte bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B, das sogenannte „Expositions-Risiko-Konzept“. Der Referenzentwurf beinhaltet erstmals auch Aspekte bzgl. der psychischen Belastung, die beim Umgang mit Gefahrstoffen entstehen können.

 

Quellen

Alle Angaben ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit