Die Mantelverordnung ist in Kraft und bringt viele Neuerungen für die Baubranche (Foto: KPixMining (AdobeStock))
Die Mantelverordnung ist in Kraft und bringt viele Neuerungen für die Baubranche
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Gesetzgebungen für die Baubranche Was regelt die neue Mantelverordnung?

Am 1. August 2023 ist mit der Mantelverordnung ein umfängliches und komplexes Gesetzespaket in Kraft getreten, aus dem sich vor allem für die Baubranche Konsequenzen ergeben. Sonderabfallwissen zeigt, welche das sind, wo die Kritikpunkte liegen und warum – trotz dieser – die Verordnung ein richtiger Schritt ist.

  • Die bundeseinheitlichen und rechtsverbindlichen Regelungen der Mantelverordnung sind ein richtiger und wichtiger Schritt – doch im Detail umstritten. Und das aus guten Gründen.
  • Kritikpunkte seitens der Baubranche zielen auf Prüfungsverfahren, die Bewertung von Ersatzbaustoffen (EBS) oder die Vorschriften zur Handhabung von Bodenaushub.
  • Übergangsfristen oder Abweichungen wie die Länderöffnungsklausel ermöglichen Bauunternehmen nur bedingt Alternativen.
  • Der Vorgabenkatalog der Mantelverordnung (MantelV) ist für die Branche immens. Bauunternehmen sind gut beraten, hier gerade auch Entsorgungs- und Recyclingprofis zu konsultieren.

Die Mantelverordnung tritt in Kraft

Das Gesetzgebungsverfahren dauerte ganze 16 Jahre, doch jetzt ist es soweit: Mit dem 1. August 2023 trat die Mantelverordnung (MantelV) in Kraft. Diese umfasst zum einen die neu eingeführte Ersatzbaustoffverordnung (EBV), zum anderen eine Neufassung der Bundes-Bodenschutz-und Altlastenverordnung (BBodSchV). Zwei weitreichende Hauptgewichtspunkte, die von adäquaten Anpassungen der Deponieverordnung sowie der Gewerbeabfallverordnung flankiert werden mussten. Auch diese sind jetzt in der Mantelverordnung festgeschrieben, die somit in ihrer Gesamtheit ein recht umfängliches und komplexes Gesetzespaket darstellt.

Dessen Hauptziel ist laut Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMU), „die im Sinne des § 6 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) bestmögliche Verwertung von mineralischen Abfällen zu gewährleisten sowie die Anforderungen an die nachhaltige Sicherung und Wiederherstellung der Funktionen des Bodens im Sinne des § 1 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) näher zu bestimmen bzw. an den gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse anzupassen.“

Unbenommen markiert die Mantelverordnung damit einen wichtigen und richtigen Schritt zur gesetzlichen Flankierung kreislaufwirtschaftlicher Prozesse. Was lange währte, ist endlich gut geworden – könnte man sagen. Doch stimmt das, so rigoros formuliert? Und was konkret kommt auf Bauunternehmen mit der MantelV zu?

Was regelt die Mantelverordnung?

Bevor es an die Antworten auf diese Fragen geht, soll noch einmal skizziert werden, was genau die einzelnen Bestandteile der MantelV eigentlich regeln:

Ersatzbaustoffverordnung (EBV): Die EBV regelt die Einführung rechtsverbindlicher Anforderungen an Herstellung und Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe (von Recycling-Baustoffen aus Bau- und Abbruchabfällen, Bodenaushub, Baggergut, Gleisschrott usw.) Konkreter: In dieser sind für diese Ersatzbaustoffe (EBS) bzw. ihre Materialklassen die jeweiligen Schadstoffgrenzwerte festgelegt. Die Einhaltung dieser Grenzwerte muss von den Herstellern gewährleistet werden.

Bundes-Bodenschutz-und Altlastenverordnung (BBodSchV): Die für die MantelV überarbeitete BBodSchV fasst die Regelung zum Auf- und Einbringen von Materialien in Böden neu. Dazu wurden Methoden zur Bestimmung von Schadstoffgehalten ebenso aktualisiert, wie Aspekte des physikalischen Bodenschutzes, die bodenkundliche Baubegleitung und die Gefahrenabwehr durch Bodenerosionen.

Deponieverordnung (DepV): Die DepV wurde dahingehend aktualisiert, dass nach den Vorgaben der EBV kontrollierte, d. h. güteüberwachte Ersatzbaustoffe, jetzt ohne zusätzliche Untersuchungen deponiert werden dürfen.

Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV): Die Änderungen der GewAbfV betreffen ebenfalls eine Anpassung an die neu eingeführte EBV. Die GewAbfV ist um entsprechende Vorgaben und Verpflichtungen im Umgang mit EBS wie auch für Gemische aus EBS und natürlichen Baustoffen erweitert.

Hauptkritikpunkte an der Mantelverordnung

Schon 2021 stellte ein Online-Beitrag der Deutschen Industriebank die Frage: „Mantelverordnung Bau: Fluch oder Segen?“ Was zugespitzt formuliert ist, aber auch auf durchaus diskussionswürdige Kritikpunkte verweist. Diese betreffen vor allem:

Das Fehlen eines einheitlichen Verfahrens zur EBS-Qualitätsprüfung/Qualitätssicherung

Aktuell sind nach Ersatzbaustoffverordnung drei solcher Verfahren möglich:

  • der sogenannte ausführliche Säulenversuch
  • der Säulenkurztest
  • das Schüttelverfahren

Kritisiert wird daran folgendes: Nach Ansicht des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) ist der ausführliche Säulenversuch schlicht unwirtschaftlich, da mit zu kosten- und zeitintensivem Aufwand verbunden. Infolgedessen prognostiziert der bvse eine „Massenverschiebung von Bauabfällen in die Verfüllung und auf Deponien.“ Was wiederum sowohl ressourcenineffizient als auch umweltbelastend ist. Eine Alternative dazu stellen nach bvse-Sicht der Säulenkurztext bzw. das Schüttelverfahren dar.

Was zu einem nächsten Problem führt: Alle drei Verfahren sind zwar als gleichwertig definiert, liefern aber keine gleichwertigen, sprich ausreichend übereinstimmenden Materialwerte. Anders gesagt: Bei den drei Verfahren kann unter Umständen ein und dasselbe Material zu drei unterschiedlichen Einstufungen bezüglich seiner Qualität (Materialklasse) gelangen. Was das auch an rechtlichen Unsicherheiten provozieren kann, liegt auf der Hand. Die Festlegung auf ein verbindliches Analyseverfahren – nach momentanen Stand wird das Schüttelverfahren präferiert – würde hier Abhilfe schaffen.

Der Abfall-Begriff und die Akzeptanz von Ersatzbaustoffen

Ersatzbaustoffe (EBS) gelten auch weiterhin noch als „Abfall“. Dabei sind güteüberwachte EBS alles Mögliche – nur eben kein Abfall per se. Angemahnt wird hier ein produktneutraler Begriff, der wiederum ein gesetzlich genau definiertes Ende der Abfalleigenschaft voraussetzt. Die Einstufung von güteüberwachten EBS unter einen Produktstatus und somit unter das Produktrecht, würden für die Baubranche mehr gesetzliche Klarheiten (Gewährleistungs- und Haftungsansprüche) bringen. Und mithin dem tatsächlichen Status von EBS gerecht werden.

Die von den Bundesratsausschüssen im Zuge der Novelle der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) vorgebrachten Änderungen, darunter eine Regelung zum Ende der Abfalleigenschaften für Ersatzbaustoffe, wurden bei der Verabschiedung der EBV-Novelle am 7. Juli 2023 abgelehnt. Schwer für die Recycling- und Bauwirtschaft wiegt ferner auch die nicht erfolgte Aufhebung des Verwendungsausschlusses von Recycling-Baustoffen auf kiesigem Untergrund (Straßenbau). Nach einer ebenfalls beschlossenen Entschließung sollen Regelungen in diesen und weiteren Punkten aber „kurzfristig“ folgen.

Trotz Länderöffnungsklausel: Bodenaushub muss zu oft deponiert werden

In Teilen gravierende Kritik an der MantelV gibt es wegen der Regelungen zum Umgang mit Bodenaushub. Der Tenor: Die MantelV habe gerade hier ihr selbstgestecktes Ziel eine Baustoffrecyclingverordnung zu sein verfehlt. Die festgelegte bundeseinheitliche Regelung erwirke genau dort Verteuerung und Bürokratisierung, wo das Gegenteil erreicht werden sollte. Probenahme, Zwischenlagerung, Einstufung des Bodenmaterials und Analyse der Einbaumöglichkeiten, die sich daraus ergeben, dazu Unklarheiten bei der Definition des Abfalls und die neuen Anzeigen- und Katasterpflichten – all das sorge, so die Kritik, für einen finanziellen und organisatorischen Mehraufwand, der die Wirtschaftlichkeit von Bodenaushub als Ersatzbaustoff enorm sinken lässt. Die Folge: Statt in Rekultivierungsmaßnahmen (im Tagebau, Sand- und Kiesgruben usw.) wird künftig deutlich mehr Bodenmaterial auf Deponien landen. Zwar ermöglicht die eigens installierte Länderöffnungsklausel (§ 8, Absatz 8, BBodSchV), dass die Bundesländer partiell gegensteuern können, doch bleibt das im Gesamtkontext nur ein Teilerfolg. Der Kreislaufwirtschaft im Allgemeinen wie der Baubranche im Speziellen ist damit nur bedingt geholfen.

Möglicherweise hat die Gesetzgebung auch deshalb (sehr) vereinzelte Übergangsfristen installiert: So legt § 28 Absatz 2 BBodschV fest, dass für die Verfüllung von Ausgrabungen, die noch vor dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen am 16.07.2021 zugelassen wurden, diese Bestimmungen erst ab dem 01.08.2031 rechtskräftig werden. Des Weiteren ist bezüglich der allgemeinen Anforderungen an die Probenahme (§ 19 Absatz 1 & 2 BBodschV) eine Übergangsfrist bis 01.08. 2028 gegeben.

Bandbreite der MantelV und die Notwendigkeit fachkompetenter Beratung

Neue EBV, novellierte BBodSchV – natürlich ist davon die Baubranche insgesamt betroffen, besonders aber Unternehmen, die mit der Verfüllung von Abgrabungen und Tagebauen bzw. mit größer dimensionierten Bauvorhaben beschäftigt sind. Was im Detail mit der MantelV auf diese zukommt, sollen ein paar exemplarische Beispiele illustrieren:

  • Die als Abfälle bei Rückbau, Sanierung oder Reparatur technischer Bauwerke anfallenden Stoffe sind getrennt zu sammeln und „der Vorbereitung zur Wiederverwendung oder dem Recycling zuzuführen“ (§ 24 (1) EBV). Einer Aufbereitungsanlage müssen die Abfälle dann zugeführt werden, wenn sie nicht unmittelbar verwertbar sind. Ist eine separate Sammlung des jeweiligen Abfalls technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar (§ 24 (4) EBV) entfallen diese Vorgaben.
  • Klassifizierung des Bodenmaterials: Diese erfolgt mit Inkrafttreten der MantelV nach den neuen Kategorien BM 0, BM 0*, BM F0*, BM F1, BM F2 und BM F3. Die alten Bodenklassifizierungen nach LAGA M 20 verlieren ihre Gültigkeit.
  • Beim Wiedereinbau des Materials ist zwischen dem Einbringen in technische Bauwerke und Verwertung (nach § 6 bis § 8 BBodSchV) zu unterscheiden.
  • Die EBV-Vorgaben der MantelV gelten nicht für Primärrohstoffe wie Steine, Kiese, Sande oder für das Aufbringen auf oder in durchwurzelbaren Bodenschichten.
  • Die Untersuchung und Klassifizierung von nicht aufbereitetem Bodenmaterial wird fortan von der Ersatzbaustoffverordnung normiert; wobei Material, das „in ein technisches Bauwerk eingebaut werden soll, unverzüglich nach dem Aushub“ (§ 14 Abs. 1 EBV) zu untersuchen und gemäß Anlage 1 Tabelle 3 zu klassifizieren ist.
  • Die Bodenmaterial-Probenahme hat nach Vorgaben der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Abfall nach der „LAGA PN 98“ und mit entsprechendem Fachpersonal zu erfolgen (§ 8 Abs. 1 EBV).
  • Mineralische Ersatzbaustoffe oder Gemische dürfen grundsätzlich nur in technische Bauwerke eingebaut werden, „wenn nachteilige Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit und schädliche Bodenveränderungen […] nicht zu besorgen sind“ (§ 19 EBV). Die für den Einbau zu beachtende Anlage 2 EBV, regelt (auf 49 Seiten) die „Einsatzmöglichkeiten von mineralischen Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken“.

Nur einige Beispiele einer langen Reihe Bestimmungen, die bis hin zu den Vorgaben zum Aufbau eines Katasters oder zu Belangen der Anzeige- und Dokumentationspflichten reichen. Klar wird dabei vor allem eins: Bauunternehmen sind gut beraten, sich gut beraten zu lassen. Die Konsultation von FAQ-Listen im Internet (etwa auf den Webseiten des Bundesumweltministeriums) bietet eine brauchbare Option für den ersten Überblick – aber um sich im Dschungel der Mantelverordnungen nicht zu verlieren, ist spezifische Fachkenntnis unvermeidbar. Institutionen oder Dienstleister wie das UCL (Umwelt Control Labor) bieten hier Hilfestellungen (etwa mit einem neuen Onlineportal speziell zur Mantelverordnung) plus Expertise bei Analytik und Stoffbewertung auch von Aushub/EBS.

Der BDE und die erste Evaluierung der Mantelverordnung

Will man die zugespitzte Frage nach „Fluch oder Segen?“ noch einmal aufgreifen, wäre die Antwort möglicherweise ein „Sowohl als auch“. Etwas sachlicher formuliert: Die Mantelverordnung ist eine gute Sache, aber noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Dass es Anpassungen geben muss und wird, ist unstrittig. Das wissen die Bauunternehmen genauso wie das BMUV oder der BDE (Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft). Letzterer konstatiert: „Ein Blick auf die Zahlen zeigt die Notwendigkeit der Verabschiedung dieser Verordnung.“ Und führt dazu aus, dass mineralische Abfälle mit rund 260 Millionen Tonnen (2017) den mengenmäßig größten Abfallstrom in Deutschland bilden, wovon ca. 215 Millionen Tonnen Bau- und Abbruchabfälle und ca. 48 Millionen Tonnen sogenannte industrielle Nebenprodukte sind.

Allein diese Zahlen, so der BDE, untermauern die Notwendigkeit einer Festlegung von bundeseinheitlichen Regelungen im Namen der Rechtssicherheit aller Beteiligten – der Erzeuger, Verarbeiter und Entsorger. Zugleich aber verweist der BDE dezidiert auf eine von der LAGA erstellte FAQ-Liste, in der „zentrale Fragen zum Vollzug aus Sicht der Länder beantwortet werden“. Weiter im BDE-Wortlaut: „Aufgrund der hohen Komplexität und einer Anzahl an Widersprüchen, bzw. sachlichen Fehlern in der Verordnung ist diese ergänzende Information absolut notwendig für eine bestmögliche Vorbereitung aller Beteiligten auf die MantelV.“ Für diese steht 2025 eine erste Evaluierung an. Man darf sicher sein: Die wird einiges an Nachbesserungen und Neujustierungen mit sich bringen.

Quellen

Alle Angaben ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit