dunkelblauer Kinderturnschuh mit leuchtender Sohle (Foto: nikkytok (iStock))
Lithium-Batterien finden sich auch in Kinderschuhen mit Blinklichteffekt
Foto: nikkytok (iStock)

Lithium-Ionen-Akkus „Es muss endlich was passieren!“

In Entsorgungsbetrieben kommt es zunehmend zu Bränden durch falsch entsorgte Lithium-Batterien. Die Branchenverbände sind alarmiert und fordern Konsequenzen von der Politik. Doch auch die Verbraucher sind in der Verantwortung. Denn die Statistik ist alarmierend: Bis zu 30 Mal am Tag und an die 10.000 Mal pro Jahr brennt es in deutschen Entsorgungsbetrieben. Der Grund: hochentzündliche Lithium-Ionen-Akkus, die falsch entsorgt wurden.

Dass Akku-Brände bisher in den meisten Fällen schnell entdeckt und unter Kontrolle gebracht werden konnten, ist vor allem der geschulten Professionalität des Personals wie auch der in den Betrieben installierten Brandschutzanlagen zu verdanken. Über das latent hohe Gefahrenpotenzial täuscht das jedoch nicht hinweg. Jüngstes Beispiel sind gleich zwei Großbrände im Swisttal. Im vergangenen Mai brach in der Lagerhalle eines Entsorgungsunternehmens in Kleve ein Brand aus, der hunderte Einsatzkräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Polizei und Katastrophenschutz für Tage forderte. Brandursache: Eine falsch entsorgte Lithium-Ionen-Batterie. Im Juni gab es dann erneut Feueralarm. Wieder waren zur Brandbekämpfung mehr als 300 Personen im Einsatz. Wieder geht man bei der Brandursache von einem falsch entsorgten Lithium-Akku aus.

Dass das Thema die Recycling-Branche zunehmend in Alarmbereitschaft versetzt, ist mehr als nachvollziehbar. Aus Sorge um Mensch und Umwelt, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen. Auf rund eine Milliarde Euro pro Jahr werden die Schäden beziffert, die den Unternehmen durch Brände in Sortieranlagen, Abfallfahrzeugen und Verwertungsbetrieben entstehen.

Hauptursache dafür ist die exorbitante und breitgefächerte Zunahme von festverbauten Lithium-Batterien. Diese sind mittlerweile auch in vielen kleinen Alltagsgegenständen zu finden – auch in solchen, wo sie viele Verbraucher mitunter nicht vermuten: In der Geburtstagskarte, die ein Ständchen erklingen lässt, den Kinderschuhen mit lustigen Blinklichteffekten, in Küchengeräten und Spielzeugen, in E-Zigaretten und Vapes, im Autoschlüssel oder der Fernbedienung für das Garagentor.

Das heißt: Auch gefährliche Großbrände können durch solche kleinen, scheinbar harmlosen Gebrauchsgegenstände verursacht werden. Woraus folgt: Das zu verhindern, liegt maßgeblich in der Verantwortung der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Es ist nicht oft genug zu wiederholen: Sicherheit beginnt mit der richtigen Entsorgung. Und für die ist hier grundlegend zu beachten: Akkus und Batterien bzw. sämtliche fest damit versehene Geräte und Gegenstände, wie klein und „harmlos“ sie auch sein mögen, sind Sonderabfall. Sie gehören somit nicht in den Restmüll, sondern sind an den dafür vorgesehenen Annahmestellen abzugeben. Also an allen Supermärkten, Discountern oder Einzelhandelsgeschäften, die Elektrogeräte und Energieträger im Sortiment führen. Die Regelung gilt für Geräte mit einer Kantenlänge bis zu 25 Zentimetern. Alle größeren Geräte wie auch Geräte in umfangreicherer Menge (über drei Stück pro Entsorgung) gehören auf den Wertstoffhof oder ins Schadstoffmobil in der Nähe. An kommunalen Sammelstellen können mit dem baldigen Inkrafttreten des Batterierecht- Durchführungsgesetzes (BattDG) im Übrigen auch ausgediente Akkus von E-Bikes oder E-Scootern (sogenannten leichten Verkehrsmitteln) abgegeben werden.

Doch ist allein mit der Verbraucherverantwortung oder Appellen an diese das Problem noch lange nicht zu lösen. Christian Hündgen, Chef des von den Großbränden heimgesuchten Swisttaler Entsorgungsunternehmens, fordert, dass vor allem die Politik endlich reagieren müsse – mit einem Verbot von fest verbauten Akkus in Geräten sowie der Installation eines Pfandsystems für Einweg-E-Zigaretten. „Es muss endlich was passieren!“, ist Hündgen überzeugt, denn, so der Unternehmer: „Solange sich die Gesetze nicht ändern, wird es immer wieder zu solchen Bränden kommen.“

Auch der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) und der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V. (bvse) sehen dringenden Handlungsbedarf. In einem gemeinsamen Brief an Bundesumweltminister Carsten Schneider, Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche und die Länderumweltministerien bestehen die Verbände eindringlich auf die Einberufung eines Runden Tisches. Mit Verweis auf die wachsende Zahl an Bränden in den Entsorgungs- und Recyclinganlagen, die damit verbundenen „Risiken für Beschäftigte, Feuerwehrmänner und Anwohner in umliegenden Gemeinden“ sowie die akuten Negativauswirkungen auf die Entsorgungsinfrastruktur insgesamt fordern sie „wirksamere regulatorische Maßnahmen gegen Batteriebrände zu erarbeiten“ – und in die Praxis umzusetzen. Konkret plädieren die Verbände für die Einführung eines Batteriepfandsystems, eine herstellerfinanzierte Fondlösung zur Absicherung der Recycling- und Entsorgungswirtschaft im Schadensfall, das Verbot von Einweg-E-Zigaretten oder zumindest die Einführung eines Pfands auf selbige und – nicht zuletzt – eine Kennzeichnungspflicht auf einschlägigen Geräten zur besseren Aufklärung der Verbraucher.

Der Ball liegt jetzt bei der Politik: Im Juli hatte der Bundesrat zum Entwurf des Batterierecht-EU-Anpassungsgesetzes (Batt-EU-AnpG), der die Umsetzung der EU-Batterieverordnung in deutsches Recht vorsieht, eine Stellungnahme samt Änderungsvorschlägen und Kritikpunkten formuliert, die auch die akuten Sicherheitsbelange bei der Batterie-Entsorgung mit einbeziehen. Konkret was die Gefahr von Geräte-Akkus im Hausmüll oder Verpackungsabfall angeht, herrschte in Folge dann auch in der Länderkammer Konsens darüber, dass hier verstärkt Gegen- bzw. Vorbeugemaßnahmen installiert werden müssen. So erklärte NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne): „Daher würde ich mir wünschen – und das fordert unser Plenarantrag, dass die Bundesregierung sich intensiver damit auseinandersetzt, wie technische Möglichkeiten aussehen, damit Batterien nicht im Hausmüll landen.“

Der vom Umweltausschuss eingebrachte Vorschlag nach einer Pfandpflicht für Lithium-Ionen-Batterien fand indes keine Mehrheit in der Länderkammer. Stattdessen fordert diese von der Bundesregierung, sie solle prüfen, wie diese und andere „effektive, kostengünstige und bürokratiearme Maßnahmen“ am besten geeignet seien, um der Gefahrenlage durch falsch entsorgte Lithium-Akkus Herr zu werden. Die Zeit dafür drängt. Mit Bezug auf die Großbrände im Swisttal sprach Krischer völlig zu Recht davon, dass man glücklich sein könne, dass es dabei nicht zu Verletzten oder Toten gekommen sei.

Quellen

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