Bauschutt (Foto: MonikaGruszewicz, iStock) (Foto: Monika Gruszewicz (istock))
Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht: In Abbruchmaterial steckt großes Verwertungspotenzial
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Entsorgungsbranche Immer mehr Bauschutt: Entsorgung und Recyclingpotenzial

Der anhaltende Bauboom in Deutschland spiegelt sich deutlich in der Abfallbilanz wider: Mit rund 220 Millionen Tonnen machen Bau- und Abbruchabfälle etwas mehr als die Hälfte des bundesweiten Abfallaufkommens aus. Tendenz steigend. Deren Entsorgung treibt Bauunternehmen wie auch private Bauherren zunehmend Schweißperlen auf die Stirn. Nicht selten landet Bauschutt zudem illegal im Restmüll oder am Wegesrand. Das enorme Recyclingpotenzial von Baustoffen bleibt häufig auf der Strecke. Sonderabfallwissen klärt auf.

  • Bauschutt gehört nicht in den Hausmüll, sondern muss getrennt gehalten, fachgerecht entsorgt, vorrangig dem Recycling zugeführt werden.
  • Die Annahmebedingungen für Bauschutt unterscheiden sich stark. Wer sich vorab informiert, spart Zeit und Geld.
  • Die Bauschutt-Verwertung hat viel Potenzial, das bürokratische Hürden häufig ausbremsen. Doch es gibt sie, die vielversprechenden, wegweisenden Projekte zum Einsatz von Recyclingbaustoffen.

Was ist Bauschutt

Bauschutt bezeichnet ausschließlich mineralische Stoffe, die bei Baumaßnahmen wie Abbruch, Sanierung oder Umbau anfallen.

Bauschutt sind u.a.:

  • Backsteine, Mauersteine, Natursteine
  • Ziegelbruch, Ziegelsteine
  • Dachziegel, Mauerwerk
  • Betonabbruch, Steinabbruch
  • Fliesen, Kacheln, Keramik
  • Mörtel, Putzreste
  • Estrich (mit Zement)
  • Marmor (mit Porzellan)
  • Kalkstein (mit Sandstein)

Nicht zum Bauschutt zählen u.a.:

  • Bims, Gasbeton, Ytong
  • Dämmmaterial, Isoliermaterial
  • Folien, Glaswolle, Steinwolle
  • Gips, Rigips, Gipskartonplatten
  • Holzabfälle, Sägespäne
  • schadstoffhaltige Baustoffe
  • Straßenaufbruch, teerfreier Asphalt

Bauschutt fällt als Einzelfraktion oder gemischt an. Er kann mit Schadstoffen belastet sein (nachfolgend mehr dazu). Und ist nicht zu verwechseln mit dem sogenannten Baumischabfall.

Abfallschlüssel für Bauschutt:

  • 170101: Beton, z. B. Betonplatten, Betonbruchstücke
  • 170102: Ziegel, z. B. Dachziegel, Ziegelsteine, Ziegelbruchstücke
  • 170103: Fliesen und Keramik, z. B. Ziegelsteine mit anhaftenden Fliesen
  • 170106*: Gemische aus oder getrennte Fraktionen von Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik, die gefährliche Stoffe enthalten, z. B. Asbest oder Teer
  • 170107: Gemische aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik mit Ausnahme derjenigen, die unter 170106 fallen

Die getrennte Sammlung und Beförderung schreibt § 8 Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) vor. Die Dokumentation samt Entsorgungsbelegen ist ab 10 Kubikmetern Abfall obligatorisch.

Entsorgungsmöglichkeiten für Bauschutt

Bauschutt gehört niemals in die Restmülltonne, sondern muss gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) vorrangig der Vorbereitung zur Wiederverwendung oder dem Recycling zugeführt werden. In Kleinmengen kann Bauschutt vielerorts bei Wertstoff- und Recyclinghöfen und lokalen Entsorgungsunternehmen abgegeben werden. Die jeweiligen Annahmebedingungen bzw. Voraussetzungen sind meist online auf der jeweiligen Website einzusehen, sollten im Zweifel vorab erfragt werden. Um die Kosten im Rahmen zu halten, lohnt sich ein Preisvergleich. Eine Alternative zum eigenen Transport sind Bauschuttcontainer, die angeliefert und wieder abgeholt werden. Achtung: Das Abstellen auf öffentlichen Flächen erfordert in der Regel eine Stellgenehmigung.

Ist vor Baubeginn klar, dass größere Mengen Bauschutt anfallen, wird idealerweise ein Entsorgungskonzept erstellt. Hierbei unterstützen einige Branchenverbände mit Rahmenkonzepten. Wenn gefährliche Abfälle wie Asbest hinzukommen und chemische Analysen abfallrechtlich gefordert sind, müssen spezialisierte Entsorgungsunternehmen frühzeitig hinzugezogen werden. Da bundeseinheitliche Regelungen zur Bauschuttentsorgung bis dato fehlen, die Vorgaben sogar von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich ausfallen, kann im Zweifelsfall die zuständige Abfallbehörde Rechtssicherheit schaffen.

Herausforderung: Gefährliche Bauabfälle

Noch in den 80er Jahren wurden in Gebäuden Materialien mit gefährlichen Eigenschaften verbaut, beispielsweise Asbest, Teer oder auch PCB-haltige Dichtmassen. Da hierzulande überall fleißig saniert wird, fallen diese Sonderabfälle (AS 170106*) in rauen Mengen an. Der Ausbau erfolgt unter strengen Schutzvorkehrungen, für Asbest beispielsweise gilt die Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 519. Daran schließt sich die (meist thermische) Beseitigung an.

Wie die Deutsche Handwerks Zeitung im September 2019 berichtete, bleiben immer mehr Baubetriebe auf ihren gefährlichen Abfällen sitzen, die sie von Baustellen als Kleinstmengen mitbringen. Grund dafür seien die knappen Kapazitäten der Verbrennungsanlagen. Von Entsorgungsunternehmen organisierte Zwischenlager würden die Situation immerhin etwas entlasten. Um langfristig neue Verbrennungskapazitäten zu schaffen, fordern Experten neue Anlagen und die Erweiterung bestehender.

Verwertung mineralischer Abfälle

Bis zum Inkrafttreten der Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe und Bodenschutz (MantelV) ist die Verwertung von Bauschutt auf Bundeslandebene geregelt. Die zuständigen Behörden stellen Bauherren, Abbruchunternehmen, Ingenieurbüros und Planern häufig hilfreiche Informationsblätter zur Verfügung. Die Vorschriften orientieren sich u. a. an der Mitteilung 20 „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen“ von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA). Links zu den länderspezifischen Regelungen sind auf der Website der LAGA zu finden.

2014 konnten von den 54,6 Millionen Tonnen angefallenem Bauschutt knapp 78 Prozent recycelt werden. Davon wurden 8,7 Millionen Tonnen im Rahmen der Verfüllung von Abgrabungen und auf Deponien verwertet; 3,2 Millionen Tonnen auf Deponien beseitigt. Für Kritiker ist die Wiederverwendung im Straßen-, Erd- und Deponiebau aber kein echtes Recycling. Dass in Bauschutt noch mehr Recyclingpotenzial steckt, zeigen aktuelle Forschungs- und Pilotprojekte.

Über ein Leuchtturmprojekt der Bauschutt-Verwertung berichtete das Recycling Magazin im Oktober 2019: Die beim Abbruch der Bayernkaserne in München entstehenden Bauabfälle werden vor Ort aufbereitet und beim Neubau eingesetzt. Um aus dem Abbruchmaterial jeweils geeignete Betonqualitäten zu produzieren, sind regelmäßige Analysen, Probenziehen aus dem Frischbeton und Kontrollen unabdingbar. Der Einsatz wird im Einzelfall von der Baubehörde genehmigt – ein aufwendiges, aber machbares Prozedere, das es in Zukunft zu beschleunigen und zu vereinfachen gilt. Mit der MantelV soll es künftig bundesweit einheitliche Vorgaben für die Herstellung und den Einbau von Recyclingbaustoffen und Böden geben.

Auch vielversprechend: Vier Fraunhofer-Institute wollen für die heute noch nicht im Hochbau nutzbaren Feinfraktionen aus Sand und Kies ein Recyclingverfahren etablieren. Denn rund fünf Millionen Tonnen an feinkörnigem Bauschutt aus dem Abriss von Bauwerken und Infrastruktur werden bislang nicht hochwertig, bestenfalls im Straßenbau, verwendet. Und das, obwohl der Bausand in einigen Ländern der Welt schon knapp wird. Um Partikel mineralischer Bauabfälle wiederzuverwerten, die kleiner als zwei Millimeter sind, entwickelten die Forscher ein opto-pneumatisches Sortierverfahren. Aus den getrennten Fraktionen stellen sie Baumaterialien wie Porenbeton, Fassadenplatten und schallabsorbierende Platten her.

Einige Bundesländer wollen den Einsatz gütegesicherter Recyclingbaustoffe fördern. So schloss das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Rheinland-Pfalz bereits 2012 das Bündnis „Kreislaufwirtschaft auf dem Bau“, dem sich einflussreiche Organisationen wie die Architektenkammer, der Baugewerbeverband und der Industrieverband Steine und Erden anschlossen haben. Die Interessen von Unternehmen, die Abbruch- und Bauabfälle zu neuen (mineralischen) Baustoffen aufbereiten, vertritt die Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe e.V. (BRB) bundesweit.

Quellen

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