Nahaufnahme eines Feuers (Foto: grafoto (iStock))
In Sonderabfallverbrennungsanlagen entstehende Reststoffe lassen sich je nach Wertstoffpotenzial aufbereiten und als Sekundärrohstoffe nutzen
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Kreislaufwirtschaft Teil der Lösung: Sonderabfallverbrennungsanlagen und die Kreislaufwirtschaft

Bei der Implementierung einer zirkulären Wirtschaft sind Sonderabfallverbrennungsanlagen unverzichtbar. Sonderabfallwissen wirft einen Blick auf ihre Funktionsweise, ihren Beitrag für mehr Nachhaltigkeit und die kreislaufwirtschaftlichen Zukunftspotenziale der Anlagen.

  • In der Kreislaufwirtschaft sind auch Sonderabfälle nach ihren Wertstoff-Potenzialen zu bewerten – und zu nutzen.
  • Sonderabfallverbrennungsanlagen sind wesentlicher Bestandteil der Kreislaufwirtschaft.
  • Verbrennung bedeutet die Eliminierung des Gefährdungspotentials der Stoffe aus der Umwelt.
  • Sonderabfallverbrennungsanlagen funktionieren als technologisch komplexe Mehrstufensysteme, die sämtliche organische Schadstoffe in den Abfällen zerstören oder bzw. in unkritische anorganische Verbindungen umwandeln und damit eine nachhaltige Funktion erfüllen.
  • Neben Bewährtem, wie der Ersatzbaustoffgewinnung, überlegen führende Unternehmen der Kreislaufwirtschaft, wie auch Sonderabfälle als Rohstoff ausgebeutet und enthaltene Wertstoffe vermehrt zurückgewonnen werden können. Als Beispiel dient das Recycling von Iod.

Beseitigung oder Verwertung?

Gefahren für Mensch und Umwelt zu beseitigen, ist ein Gebot gesellschaftlicher Verantwortung und Vernunft. Dass man somit auch beim Thema gefährliche Abfälle erst einmal an die möglichst schnelle und umfassende Beseitigung dieser Abfälle, ergo der mit ihnen verbundenen Gefahren, denken mag, ist nachvollziehbar. Ein Gebot der Vernunft im Namen der Sicherheit.

Doch ist wie so oft auch hier die Gemengelage komplexer. Eine differenzierte, abwägende Sicht ist nicht nur möglich, sondern angebracht. Sind doch unter den Prämissen der Kreislaufwirtschaft auch gefährliche Abfälle nicht nur nach ihren Schadstoffpotentialen zu bewerten, sondern notwendigerweise auch nach ihren Wertstoff-Potenzialen. Denn diese Potenziale existieren – und sie zu nutzen, ist eine der Aufgaben der Kreislaufwirtschaft der Zukunft.

Das trifft auch im Falle energetischen Verwertung zu. Sonderabfallverbrennungsanlagen sind ein essenzieller Bestandteil der Kreislaufwirtschaft, arbeiten diese Anlagen doch inzwischen auf einem technologischen Level, das nicht nur die umfängliche Umwandlung gefährlicher Substanzen und folglich eine umweltverträgliche Entsorgung, sondern in verstärktem Maße auch eine Gewinnung von Energie und Sekundärrohstoffen gewährleistet.

In der Gesellschaft wird die Abfallverbrennung gelegentlich als banales oder minderwertiges Verfahren tituliert, welches Abfälle lediglich beseitigt. Beseitigung stellt innerhalb des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ja auch die niedrigste Stufe der Abfallbehandlung dar. Dass diese Wahrnehmung nicht der Realität entspricht, hat der Bundesverband Deutscher Sonderabfallverbrennungs-Anlagen (BDSAV) schon vor Jahren ins Feld geführt. Denn keineswegs stelle, so der Verband, das Verbrennen von Abfällen automatisch deren Beseitigung dar. Stattdessen erfüllen die zum Einsatz kommenden Technologien alle Voraussetzungen, um die Verbrennungs- zugleich als Verwertungsanlagen zu kategorisieren. Im erst kürzlich in Berlin aufgenommenen Podcast „Eine Tonne Abfallwissen – Sonderabfall Spezial” unterstreicht BDE-Präsidentin Anja Siegesmund: „Viele Sonderabfälle enthalten nach wie vor hochwertige Wertstoffe, Metalle, Energieträger. […] Auch in der thermischen Verwertung tragen sogenannte Sonderabfälle nach wie vor zur Ressoucenverwertung bei.”

Natürlich mögen an der Stelle Skeptiker nicht zu Unrecht darauf verweisen, dass mit diesen Statements ja lediglich ein Interessenverband seine Aufgabe erfüllt – nämlich Interessen zu vertreten. Nur schließt das den Wahrheitsgehalt von Aussagen ja nicht aus. Zeigt sich doch an Sonderabfallverbrennungsanlagen exemplarisch, dass die thermische Behandlung gefährlicher Abfälle auch unter Aspekten der Sicherheit und Nachhaltigkeit weniger ein Problem, als vielmehr ein unverzichtbarer Teil der Lösung ist.

Welche Sonderabfälle werden in Verbrennungsanlagen behandelt?

Die Bandbreite gefährlicher Abfälle ist groß und es macht auch deshalb Sinn, sich noch einmal vor Augen zu führen, welche der einschlägigen Abfallfraktionen alles in Verbrennungsanlagen verwertet werden können. Im Wesentlichen betrifft das die folgenden Abfälle – von denen einige bei entsprechender Zusammensetzung auch vorher in Spezialanlagen behandelt, enthaltene Wertstoffe gewonnen und nur die verbleibenden Rückstände einer thermischen Verwertung in Sonderabfallverbrennungsanlagen zugeführt werden:

  • Pflanzenschutzmittel
  • Farben und Lacke
  • Flüssige Abfälle (z. B. Lösemittel)
  • Rückstände von Farben, Lacken, Lösungsmitteln, Pestiziden
  • Infektiöse Stoffe (z. B. infektiöse Krankenhausabfälle)
  • organische Verbindungen
  • kontaminierte Böden
  • Brandabfälle
  • Holz der Kategorie A VI
  • Laugen, Öle, Säuren
  • PCB-haltige Stoffe
  • Lackreste, Holzschutzmittel
  • Klärschlämme und Abwasserkonzentrate
  • Teer- und bitumhaltige Abfälle

Die Sonderabfälle, egal ob fest, flüssiger, pastöser, staub- oder gasförmiger Beschaffenheit, werden in speziellen Sammelsystemen geordnet und dosiert der thermischen Behandlung zugeführt. Die Verbrennung als solche erfolgt meist in Drehrohröfen mit Verbrennungstemperaturen über 1.100 Grad Celsius. Dabei wird organische Materie oxidativ in anorganische Reststoffe umgewandelt.  Dem Verbrennungsprozess nachgeschaltet sind mehrstufige Systeme für die Rauchgasreinigung (Elektrofilter, Wäscher, Katalysatoren, Aktivkohlefilter). Die Reinigungsstufen stellen sicher, dass die in den Rauchgasen enthaltenen Schadstoffe (z. B. Stickoxide, Schwefeldioxid, Staub, Salzsäure und Schwermetalle) abgeschieden werden und die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte der 17. BIMschV sicher eingehalten werden.

Sonderabfallverbrennung: Technologisch komplexes Mehrstufensystem

Die gefährlichen organischen Verbindungen werden bei der Verbrennung im Wesentlichen zu Kohlendioxid umgewandelt. Schädliche Verbrennungsrückstände werden in der Rauchgasreinigung abgeschieden.

Die erste Stufe der Reinigung der Rauchgase erfolgt üblicherweise in der sogenannten sauren Wäsche. Hier werden die Halogenwasserstoffsäuren in Wasser gelöst. Die dabei entstehende Rohsäure wird in einer chemisch-physikalischen Behandlungsanlage in der Anlage mit Kalkmilch neutralisiert. Die entstehenden neutralen Salzlösungen werden in einen Sprühturm in den Rauchgasweg eingedüst, wobei die Salze zu Stäuben kristallisieren und im Elektrofilter abgeschieden werden. Die Stäube werden untertägig im Bergversatz verwertet. Nachgeschaltet ist eine alkalische Wäsche, bei der Schwefeldioxid aus dem Rauchgas entfernt wird, indem es zu Sulfat oxidiert wird, welches dann mit Calcium in der Kalkmilch zu Gips kristallisiert, der dann abgeschieden wird. Gegen Ende der Rauchgasreinigung sorgen ein Gewebefilter mit Aktivkohle (Abscheidung von Quecksilber) und ein DeNOx-Katalysator (Entstickung) für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte.

Die bei der thermischen Behandlung entstehende Wärme wird zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt. Abgetrennte Reststoffe z. B. aus der Rauchgasreinigung und den Schlacken können je nach Wertstoffpotenzial aufbereitet und als Sekundärrohstoffe einer weiteren Nutzung zugeführt werden, zum Beispiel Gips für die Baustoffindustrie, Metalle für die Verhüttung oder Schlacken als Ersatzbaustoffe. Nicht mehr verwertbare Reststoffe werden durch den Verbrennungsprozess inertisiert, stabilisiert und im Volumen verringert. Sie lassen sich anschließend ohne schädliche Auswirkungen auf Natur oder Mensch umweltverträglich deponieren.

Abfallverbrennungsanlagen verfügen über Systeme der energetischen Nutzung des Abfalls. Immer wird Dampf produziert, der entweder direkt eingesetzt wird oder aber über eine Turbine elektrische Energie erzeugt. Viel zu wenig betrachtet ist bisher die für das Klima sehr nützliche Zerstörung von extrem klimaschädlichen Stoffen wie Fluorkohlenwasserstoffen (PFAS).

Potenziale und Meilensteine: Ersatzbaustoffgewinnung und Iod-Recycling

Seitens der spezialisierten Unternehmen wird das Recycling-Potenzial, das mit der thermischen Sonderabfallbehandlung einhergeht, immer weiter optimiert. Zwei Beispiele sind hier genannt:

Für die effiziente Rückgewinnung von wertvollen Metallen aus Verbunden aber auch kleinteiligen Gegenständen, liefert die thermische Behandlung eine geradezu ideale Voraussetzung: Aus den verschiedenen Materialverbindungen (Holz-Kunststoffe-Metalle) können nach dem Verbrennungsprozess die Metallanteile aus der Asche aussortiert, gesammelt und in den Verwertungskreislauf zurückgeführt werden.

Wo diese Metall-Verwertung fast schon ein kreislaufwirtschaftlicher „Klassiker“ ist, markiert das Iod-Recycling durch thermische Abfallbehandlung eine echte Innovation. Iod gehört zu den Halogenen und stellt, im Unterschied zu den restlichen Halogenen, einen beträchtliche Wert dar (ein Kilogramm Iod erlöst auf dem Weltmarkt ca. 50 €). Das REMONDIS Industrie Service-Tochterunternehmen REMONDIS SAVA GmbH hat vor einem Jahr eine neue Anlage zur Rückgewinnung von Iod in Betrieb genommen, in der pro Monat bis zu 4.000 kg Iod produziert werden. Dieses entspricht einer Leistung von bis zu 50 Tonnen Iod pro Jahr, die in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. Ein Meilenstein für die Rückgewinnung eines Elementes aus gefährlichen Abfällen.

Unverzichtbar für die Implementierung einer zirkulären Wirtschaft

Die Frage „Beseitigung oder Verwertung?“ geht davon aus, dass das Eine das Andere ausschließen würde. Eine falsche Prämisse – und letztendlich nur juristische Sichtweisen. Die bisherigen Ausfühungen zeigen, dass Sonderabfallverbrennungsanlagen integraler Bestandteil der Kreislaufwirtschaft sind. Sie arbeiten unter Einhaltung zahlreicher gesetzlichen Bestimmungen (z. B. Kreislaufwirtschaftsgesetz, Bundes-Immissionsgesetz, Brennstoffemissionshandelsgesetz, Gefahrstoffverordnung, Technische Regeln für Abfallbehandlungsanlagen). Nur mit der Abfallverbrennung generell und der Sondermüllverbrennung im Speziellen kann mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit gelingen.

Das unterstreicht auch eine entsprechende Studie des Fraunhofer Instituts: „Um keine ungewollte Akkumulation von Schadstoffen in späteren Produkten zu erreichen, ist insbesondere vor dem Hintergrund der Umsetzung einer zirkularen Wirtschaft bei vielen Stoffströmen eine differenzierte Betrachtung des optimalen Verwertungsweges notwendig. […] Betrachtet man den heutigen Stand der Produktentwicklung und des menschlichen Konsums im heutigen Wirtschaftssystem sowie das bestehende anthropogene Lager, so wird die thermische Abfallbehandlung noch langfristig eine wesentliche Voraussetzung auf dem Weg zur Implementierung einer zirkulären Wirtschaft sein.“

Quellen

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