Zahnpasta kann den Weißmacher Titandioxid enthalten (Foto: Natalia Kopyltsova (iStock))
Zahnpasta kann den Weißmacher Titandioxid enthalten
Foto: Natalia Kopyltsova (iStock)

Recht Nicht krebserregend genug? EuGH annulliert Regelung zu Titandioxid

Warnhinweispflicht für das Weißpigment entfällt vorerst

Wenn ein Produkt so richtig strahlend weiß sein soll, wird es in der Regel mit Titandioxid eingefärbt. Der Zusatzstoff ist das am häufigsten verwendete Weißpigment, mit einem allein europaweiten Produktionsvolumen von über einer Million Tonnen pro Jahr. Neben Farben und Lacken findet es sich unter anderem auch in kosmetischen und medizinischen Erzeugnissen wie Zahn- und Sonnencreme oder Medikamenten.

Problematisch ist bei alledem, dass der Weißmacher im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Aus diesem Grund ist dessen Einsatz in Lebensmitteln wie Kaugummi oder Mozzarella seit 7. August 2022 in der EU verboten. Seit 1. Oktober 2021 musste zudem bereits ein Warnhinweis auf Produkten angebracht sein, die Titandioxid in bestimmten Pulverformen enthielten. Letztere Regelung wurde zuletzt vom Europäischen Gerichtshof annulliert.

Ursächlich für das Urteil war eine Klage verschiedener Hersteller und Verbände aus der Chemie-Branche. Das Gericht folgte der Einschätzung der Kläger, dass die Einstufung als krebserregend auf zuverlässigen, anerkannten Untersuchungen beruhen müsse, die in diesem Fall jedoch nicht gegeben seien. Ferner fehlte Titandioxid die „intrinsische Eigenschaft“, karzinogen zu sein. Diese läge – laut dem Ausschuss für Risikobeurteilung der Europäischen Chemikalienagentur – im klassischen Sinne nicht vor, da lediglich bestimmte lungengängige Partikel in einem bestimmten Aggregatzustand sowie in einer bestimmten Form, Größe und Menge Krebs hervorrufen könnten.

Das Urteil bedeutet mitnichten, dass Titandioxid nun nicht karzinogen ist. Vielmehr ist es lediglich nicht potenziell krebserregend genug, um nach Ansicht des EuGH mit einem Warnhinweis versehen werden zu müssen. Das Verbot des Weißpigments in Lebensmitteln bleibt von dem Urteil unterdessen unberührt. Kritisch sehen Beobachter darüber hinaus die weitere Verwendung des Stoffes in Kosmetika und Arzneimitteln. So besteht etwa insbesondere bei Kindern die Gefahr, dass sie titandioxidhaltige Zahnpaste schlucken, wodurch möglicherweise erbgutschädigende Nanopartikel in deren Zellen eindringen können. Eine vorgesehene Sicherheitsbewertung durch den Wissenschaftlichen Ausschuss für Verbrauchersicherheit (SCCS) der EU steht hier noch aus. Bis April 2024 soll zudem die europäische Arzneimittelbehörde eine zusätzliche Bewertung des Pigments durchführen.

Quellen

Alle Angaben ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit